Kolumbiens holpriger Weg zum Frieden

Nach dem »Nein« beim Referendum zum Abkommen mit der FARC-Guerilla verschiebt die Regierung auch die Gespräche mit der ELN-Guerilla

  • David Graaff
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Weg zum Frieden in Kolumbien erweist sich als holprig. Nach der Ablehnung des Friedensvertrages zwischen der FARC-Guerilla und der Regierung in Bogotá bei der Volksabstimmung, die zu Nachverhandlungen zwingt, sagte Präsident Juan Manuel Santos kurzfristig am Donnerstag nun auch die Eröffnung der Gespräche mit der kleineren ELN-Guerilla des Landes ab. Dabei war alles vorbereitet in der »Capilla de Hombre«, einem Kunstmuseum in Ecuadors Hauptstadt Quito, um den ersten Schritt zu einem »kompletten Frieden« zu gehen, wie Santos die Aufnahme der Friedensgespräche mit der ELN bezeichnet hatte.

Beide Seiten hatten in den vergangenen Tagen ihre Verhandlungsdelegationen benannt und es schien, dass die Gespräche nach einer monatelangen Hängepartie nun beginnen konnten. Gescheitert ist die Eröffnung der Friedensgespräche wie schon seit der ersten Ankündigung im März dieses Jahres erneut an der Freilassung eines Gefangenen der ELN. Die Freilassung aller Geiseln war von der Regierung zur Bedingung für den Beginn der Gespräche gemacht worden und die ELN, die sich im Gegensatz zur FARC-Guerilla nicht aus der Besteuerung des Drogenhandels, sondern unter anderem durch Entführungen finanziert, hatte in den vergangenen Wochen mehrere Personen freigelassen.

An der Freilassung der politisch wichtigsten Geisel der ELN, dem ehemaligen Kongressabgeordneten Odin Sánchez, scheiterte nun in buchstäblich letzter Minute die lange erwartete Eröffnung der Gespräche. Sánchez hatte sich im März für seinen schwer kranken Bruder Patricio, Ex-Gouverneur der Provinz Chocó unter Korruptionsverdacht, austauschen lassen. Dieser befand sich seit 2013 in Gewalt der Rebellengruppe.

Der Verhandlungsführer der Regierung, der konservative Politiker Juan Camilo Restrepo, sagte nach der Absage, die Operation zur Übergabe des Gefangenen an das Internationale Komitee des Roten Kreuzes und Vertreter der katholischen Kirche hätten bereits begonnen. Sein Gegenüber, ELN-Kommandant Pablo Beltrán, teilte über Twitter mit, es habe »Missverständnisse« gegeben und nun werde versucht, einen neuen Termin »in den kommenden Tagen« zu finden.

Die erste Verhandlungsrunde soll nach wie vor am 3. November stattfinden. Bis dahin sollen auch zwei hochrangige ELN-Mitglieder aus einem Gefängnis in Medellín entlassen werden, die als »Friedensvermittler« wirken sollen.

Wenige Stunden nach der Absage der Friedensgespräche stoppten ELN-Einheiten in der östlichen Provinz Arauca zwei Lkw und töteten beide Fahrer. Der Hintergrund der Tat ist bislang unklar.

Präsident Santos besuchte am Abend ein Camp auf der Plaza de Bolivar in Bogotá. Aktivisten hatten das »Zeltlager für den Frieden« nach der Ablehnung des Friedensabkommens Anfang Oktober eingerichtet. Sie fordern eine baldige Umsetzung der mit der FARC-Guerilla getroffenen Friedensvereinbarungen.

Derzeit verhandeln beide Seiten in Havanna über mögliche Änderungen an dem Ende September unterzeichneten Friedensvertrag.

Die Gegner des Friedensabkommens, darunter Ex-Präsident Álvaro Uribe, aber auch zahlreiche Evangelikale und Teile der Konservativen Partei, hatten nach ihrem knappen Triumph bei der Volksabstimmung Änderungsvorschläge eingereicht. Beobachtern zufolge besteht die Strategie der Regierung darin, mit einzelnen Gruppen des Nein-Lagers separat zu sprechen und so die Position Uribes und dessen Partei Centro Democrático zu schwächen. Präsident Santos, dem im Dezember in Oslo der Friedensnobelpreis überreicht wird, bleibt optimistisch. Er sagte den Aktivisten laut Medien, er hoffe, dass zum Weihnachtsfest die Umsetzung der Vereinbarungen begonnen habe.

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