Wütende Proteste gegen Altersarmut in Chile

Zehntausende Menschen gehen gegen das privatisierte Rentensystem auf die Straße / Heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Zehntausende Menschen haben in Chile gegen das privatisierte Rentensystem protestiert. In der Hauptstadt Santiago de Chile kam es am Freitag (Ortszeit) zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, wie die Zeitung »La Tercera« berichtete. Die Polizei war mit Wasserwerfern im Einsatz und versprühte Tränengas. Mehr als 40 Personen wurden festgenommen. Demonstranten errichteten Straßensperren aus brennenden Barrikaden und warfen Molotowcocktails. Mehrere Busse gerieten in Brand. Der öffentliche Nahverkehr kam zum Erliegen.

Es war der dritte landesweite Protest gegen das Rentensystem innerhalb der vergangenen Monate. Nach offiziellen Angaben nahmen 75.000 Menschen an den Demonstrationen teil. Die Proteste am Freitag fielen zusammen mit einem Streik der Angestellten des öffentlichen Dienstes, die für mehr Lohn kämpfen. Präsidentin Michelle Bachelet wandte sich im Fernsehen an die Demonstranten und rief zum »nationalen Dialog« auf. Das Rentensystem müsse nachhaltig gestaltet werden, sagte sie. »Das braucht Zeit und Dialog.« Gleichzeitig verurteile sie via Kurznachrichtendienst Twitter die Gewalt bei den Demonstrationen.

1981, unter der Diktatur von Augusto Pinochet (1973 bis 1990), wurde das staatliche Rentensystem reformiert und es wurden private Fonds eingerichtet. In der Folge sanken die Renten immer weiter. Rund 90 Prozent der Ruheständler erhalten derzeit umgerechnet etwa 210 Euro Rente, die damit noch unter dem Mindestlohn liegt. Bachelet hatte im August Reformpläne vorgelegt, welche die Gewerkschaften aber als unzureichend zurückwiesen. Chile ist eines der wenigen Länder weltweit, das sein Sozialversicherungssystem privatisiert hat. Die Rentenfonds werden von privaten Unternehmen verwaltet, die dafür hohe Kosten veranschlagen. Zudem bekommen Rentner weit weniger als die eingezahlten Beiträge heraus. Folge ist eine ständig steigende Altersarmut. epd/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal