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Fahrt in den Sonnenuntergang

Heinrich Peuckmann auf den Spuren von Honoré de Balzac

  • Sabine Neubert
  • Lesedauer: 3 Min.

Stefan Zweig hat ihn einen Weltbildner genannt. »Seine Menschen sind Extrakte, seine Leidenschaften reine Elemente, seine Tragödien Kondensierungen.« Zur »Comédie humaine« hat Honoré de Balzac sein grandioses Werk zusammenfügen wollen. Sein eigenes Leben war wie das seiner Gestalten getrieben von Liebe, Geld und Zeit, die ihm am Ende wie das Chagrinleder zusammenschrumpfte.


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* Heinrich Peuckmann: Die lange Reise des Herrn Balzac. Roman. Lychatz Verlag. 126 S., geb., 19,95 €.


Heinrich Peuckmanns kleiner Roman über die letzte lange Reise des 48-jährigen »Herrn Balzac« macht das in geschickter, verdichteter Darstellungsweise deutlich. Eine Fahrt in ein neues, »das eigentliche« Leben soll die Reise werden, sie wird zur »Fahrt in den Sonnenuntergang«, dem, wie wir wissen, schon bald die Nacht folgen wird.

Balzacs Werke heute lesen heißt eben auch, sich auf die Gesellschaftswelt seiner Zeit einzulassen, was spannend ist - und am Ende sich sogar in manchem als ziemlich aktuell erweisen kann. Schließlich war Balzac der erste Schriftsteller, der so viel über den Fluch des Geldes schrieb und selbst wie ein Hund darunter litt, immer verfolgt von seinen Gläubigern.

Am 5. September 1847 beginnt die Reise in Paris. Längst ist Balzac ein in weiten Teilen Europas bekannter Schriftsteller. Aber er möchte möglichst anonym bleiben, damit ihn seine Gläubiger nicht erwischen. Im fernen Wierzchownia in der ukrainischen Steppe wartet die reiche Großgrundbesitzerin Eva von Hanska, seine geliebte Evelina, in ihrem Schloss auf ihn. Seit vielen Jahren bewundert sie ihn und seine Werke, sie schrieb ihm Briefe, sie trafen sich. Nun endlich steht ihrer Verbindung nichts mehr im Weg. In der Ukraine wird alles anders, hofft er, nun will er nicht mehr nächtelang schreiben, getrieben von Plänen, Zwängen und Schulden. Die Reise auf der damals gerade fertiggestellten Eisenbahnlinie von Paris bis Krakau dauerte Tage und war für den herzkranken Balzac doch ungewohnt rasant. Noch unbequemer war die anschließende Fahrt mit der Kibitka, einem von drei Pferden gezogenen Bretterwagen, bis in die Ukraine.

Auf der langen Zugfahrt begleiten ihn wie Licht und Schatten die Erinnerungen an Begegnungen und Reisen mit früheren Geliebten, an Schriftsteller und Freunde - Victor Hugo, Heinrich Heine oder George Sand. In fiktiven Gesprächen mit den unterschiedlichsten Gestalten entsteht das Vexierbild seines Lebens und seines Werkes, in dem reale Personen zu Romanfiguren geworden sind. Und immer wieder taucht ein Unbekannter mit einem schwarzen Umhang auf, eine diabolische Gestalt. Der Autor lässt uns im Ungewissen, aus welchem der Romane sie entsprungen ist. Vielleicht aus einem, den Balzac noch schreiben will und nie schreiben wird, weil der Abend naht.

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