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Fischöl vom Acker

Omega-3-Fettsäuren aus Raps und Algen sollen den Markt der Nahrungsergänzungsmittel und Futtermittel erobern. Von Bernd Schröder

  • Lesedauer: 3 Min.

Omega-3 ist die umgangssprachliche Sammelbezeichnung für ungesättigte essenzielle Fettsäuren, die besonders durch den Verzehr fettreicher Fische wie Lachs und Makrele aufgenommen werden. In Fischöl liegen vor allem zwei Omega-3-Fettsäuren vor: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Ein Viertel des weltweiten Fischfangs wird zu Fischmehl verarbeitet. 3,2 Millionen Tonnen davon werden in Aquakulturen an Edelfische verfüttert, 1,3 Millionen Tonnen dienen als Schweinefutter. Bei der Produktion dieser Menge Fischmehl fällt eine Million Tonnen Fischöl als Nebenprodukt an.

Die Überfischung vieler Fischarten brachte diese Art der Futtermittelherstellung zunehmend in die Kritik. Und auch den Lachsfarmern wurde schon 2008 klar, dass die Branche langfristig kaum noch wachsen kann, wenn Fische die einzige Omega-3-Quelle bleiben würden. Die Lachszüchter finanzieren deshalb die Forschung und Entwicklung für eine Ausweitung ihrer Futtermittelbasis.

Am weitesten fortgeschritten sind die Versuche beim US-Konzern Cargill. Das Unternehmen hatte kürzlich bekanntgegeben, es könne die Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA aus Rapsöl herstellen. 2011 hatten Cargill und BASF ein Joint Venture gestartet, dessen geplante Erzeugung von Fisch- aus Rapsöl zunächst den Markt der Nahrungsergänzungsmittel zum Ziel hatte. Cargill steuerte sein internationales Vertriebsnetz und Know-how in Nahrungsmittelanwendungen bei, die BASF Expertise bei der gentechnischen Erhöhung der EPA/DHA-Mengen im Raps sowie beim Zulassungsverfahren für Nahrungsmittel. Der Markt hatte zu diesem Zeitpunkt einen geschätzten Wert von 7,5 Milliarden US-Dollar, und das mobilisierte Konsumentenbewusstsein versprach zweistellige Wachstumsraten für die nächsten Jahre. Daneben arbeitet Cargill mit dem Biotechnologie-Start-up Calysta an einem Fischmehlersatz auf Hefebasis. Nach der Testfabrik im nordostenglischen Wilton/Teesside wird gerade eine neue und größere Fabrik aufgebaut, in der spezielle Hefen aus Methan Futtereiweiß und Fette produzieren.

Der weltgrößte Pflanzenölproduzent wiederum, das ebenfalls in den USA ansässige Unternehmen Bunge, hat sich mit dem Algenpionier TerraVia zusammengetan, um Algenflocken mit einem DHA-Gehalt von mindestens 25 Prozent zu vermarkten. Solche Algen-DHA produzieren auch andere Unternehmen.

Die Masse der Bestrebungen beim pflanzlichen Ersatz für das begehrte Fischöl zielen aber auf die Nutzung von Ölpflanzen. Hieran versucht sich nicht nur der Chemieriese Dow AgroSciences. Auch das australische Saatgutunternehmen Nuseed setzt in Zusammenarbeit mit der staatlichen Organisation für Anwendungsforschung CSIRO und der Australian Grains Research & Development Corporation auf Raps. Zum Ende des Jahrzehnts soll ein Hektar Raps das Fischöl-Äquivalent von 10 Tonnen Fisch erbringen. Dazu haben die Australier Gene von Meeresalgen in Rapspflanzen eingebaut, die nun DHA herstellen sollen.

Während der Ersatz für Fische in Futtermitteln ohne Zweifel vorteilhaft ist, sind die vorteilhaften Auswirkungen auf die Gesundheit trotz einer Vielzahl von Studien weniger sicher.

Empfehlungen medizinischer Fachgesellschaften wurden aus den Erfahrungen in Japan mit seiner Verbindung von hohem Fischkonsum und hoher Lebenserwartung sowie der vermeintlichen Gefäßgesundheit von Inuit abgeleitet. Sie haben den Fischölkapseln als Nahrungsergänzung einen Boom beschert. Demnach ließen sich eine ganze Reihe positiver Gesundheitseffekte erzielen: Vorbeugung von Kreislaufkrankheiten und Verkalkung der Arterien sowie Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall. Andere Studien legen positive Auswirkungen auf den mentalen Zustand nahe, bis hin zur Behandlung von Depressionen. Außerdem soll eine Omega-3-Aufnahme die geistige Leistungsfähigkeit im Alter bewahren.

Zwar sind sich Kardiologen und Ernährungswissenschaftler einig, dass ein Ersatz von Fleischmahlzeiten durch Fischgerichte dem Kreislauf gut bekommt. Doch für die massiv beworbenen positiven Effekte einer Einnahme von Fischölkapseln fehlen nach wie vor überzeugende Belege.

Das Marketing zeigt sich davon unbeeindruckt. So in Österreich: Hier wurden kaltgeräucherte Filets vom Eismeer-Saibling mit überdurchschnittlich hohem Omega-3-Anteil als »Kavalierlachs« in Apotheken verkauft.

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