Der alte Mann und das Amt

AfD-Chef Gauland will Landtagsmandat eventuell nicht abgeben, wenn er im Bundestag sitzt

Alexander Gauland ist stellvertretender Bundesvorsitzender und Landesvorsitzender der AfD, außerdem Fraktionschef im Landtag. 2017 will er auch noch in den Bundestag, sein Landtagsmandat dann aber nicht abgeben - zumindest übergangsweise, vielleicht. Das hat der 75-Jährige durchblicken lassen, weil er jetzt zu allem Überfluss in die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtags hinein möchte. In diesem Zusammenhang sollte Gauland erklären, ob sich das überhaupt noch lohne, wenn er doch in den Bundestag wechseln werde.

»Gauland will doppelte Bezüge für die halbe Arbeit?« fragt der Landtagsabgeordnete René Wilke (LINKE). Denn Abgeordnete des Landtags oder Bundestags könnten doch - so sie ihre Aufgabe ernst nehmen und gut machen - keinesfalls einer weiteren Arbeit nachgehen, sagt Wilke.

Gauland fehle jetzt schon oft bei Plenarsitzungen, erledige die parlamentarische Arbeit bescheiden, spiele sich aber als Saubermann gegen die »etablierten Parteien« auf, urteilt Linksfraktionsgeschäftsführer Thomas Domres. Er findet. »Dr. Gauland muss sich vor der Wahl äußern, welches Mandat er wahrnehmen möchte. Darauf haben die Wählerinnen und Wähler einen Anspruch.«

SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz stellt fest: »Herr Gauland hat durch sein Handeln als Landtagsabgeordneter bewiesen, dass er sein Mandat nur als Bühne für Provokationen nutzt. Wo es in Ausschüssen und Sitzungen des Landtags keine mediale Aufmerksamkeit gibt, da ist auch kein Herr Gauland - ganz egal, wie wichtig die Gespräche sind. Deshalb passt es ins Bild, wenn er jetzt ankündigt, Bundestags- und Landtagsabgeordneter gleichzeitig sein zu wollen.« Der AfD-Politiker habe jegliche Glaubwürdigkeit verloren, erklärt Geywitz. Sie begründet diese Einschätzung damit, dass er zunächst dementierte, in Frankfurt (Oder) für den Bundestag zu kandidieren, da er in Potsdam wohne und sich in Frankfurt (Oder) nicht auskenne. »Dann tritt er genau dort an.« Nun bewerbe sich Gauland um einen Sitz in der Parlamentarischen Kontrollkommission, die den Verfassungsschutz überwacht. Wie lange er dem Landtag aber noch angehören wolle, das sage er nicht. Auch Geywitz fordert, dass Gauland noch vor der Bundestagswahl klarstellt, wie er nachher mit seinem Landtagsmandat umgehen werde.

»Die Vorstellung, dass jemand gleichzeitig ein Bundestags- und ein Landtagsmandat zeitlich und fachlich sachgerecht ausfüllen kann, ist absurd«, betont der Landtagsabgeordnete Axel Vogel (Grüne). »Genauso absurd ist es, dass das Abgeordnetenrecht solche Doppelmandate zulässt; diese Gesetzeslücke sollte baldmöglichst geschlossen werden.« Doch solange die rechtliche Möglichkeit des Doppelmandats bestehe, halte er, so sagt Vogel, alle Aufforderungen an Gauland für gerechtfertigt, dass dieser sich zu seinen Plänen erklären solle.

Doch die AfD mauert. Die ganze Angelegenheit sei »hochgekocht«. Es gebe dazu keine Entscheidung, weil die Entscheidung noch gar nicht anstehe, sagt Fraktionssprecher Marcus Schmidt. Herr Gauland habe nur eine Überlegung geäußert und keine feste Absicht kundgetan, außerdem lediglich von einer möglichen »Übergangslösung« gesprochen.

Doch die Beschwichtigungsversuche fruchten nicht. Insbesondere verweisen Axel Vogel und auch René Wilke darauf, dass die Alternative für Deutschland versuche, sich als Gegenentwurf zu den übrigen Parteien in Szene zu setzen und anders zu sein als die anderen - und dann diese Ämterhäufung.

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