Kampf der Städte um die Bürger

Sachsen-Anhalt: Konzept für Schrumpf-Regionen verlangt

  • Lesedauer: 3 Min.

Magdeburg. Der Rückgang der Einwohnerzahl in ländlichen Gebieten Sachsen-Anhalts muss aus Sicht der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungswirtschaft wieder mehr in den Fokus rücken. »Regionen mit Bevölkerungsrückgang erhielten in der Bundespolitik zuletzt wenig Beachtung«, kritisierte der Direktor des Verbands der Wohnungswirtschaft (VdW), Jost Riecke, am Montag in Magdeburg. Die Diskussion um die Wohnungsknappheit und die stark steigenden Mieten in wenigen Ballungszentren wie Hamburg oder München hätten die drängenden Probleme eines Großteils der Kommunen komplett verdrängt.

Es gebe einen Kampf der Städte um die Bürger. In Sachsen-Anhalt müssten abseits von Magdeburg und Halle alle Städte überlegen, wie sie künftig noch attraktive Angebote machen könnten, um Menschen zu halten, so Riecke. Dabei gehe es um passgenaue Ideen. Auch die rund 195 Wohnungsunternehmen, die im VdW sowie im Verband der Wohnungsgenossenschaften (VdWg) organisiert seien, hätten ihre Immobilien größtenteils in den schrumpfenden Regionen. Laut jüngster Bevölkerungsprognose werden alle Landkreise bis 2030 zwischen zehn und 19 Prozent ihrer Einwohner verlieren. Daher müsse der Stadtumbau mit gefördertem Wohnungsabriss weiter diskutiert und gesteuert werden, forderten die Spitzenverbände.

Laut Verbandsangaben stehen derzeit rund 37 000 Wohnungen bei kommunalen und genossenschaftlichen Anbietern leer. Das sei etwa jede zehnte Wohnung, sagte VdWg-Chef Ronald Meißner. Allerdings seien es auch 34 000 Wohnungen weniger als noch 2005. Im Gegensatz zur bundesweiten Diskussion um eine Mietpreisbremse sollte es in Sachsen-Anhalt eher darum gehen, wie sich Mietpreise stabilisieren ließen. Die aktuelle Situation verstärkt aus Sicht der Verbände die Sogwirkung der großen Städte Magdeburg und Halle.

Denn anders als in anderen Bundesländern sei die Mietpreisspanne zwischen Stadt und Land besonders gering. In einigen Kommunen könnten Mieter zwar für weniger als drei Euro je Quadratmeter wohnen. Insgesamt lägen die Mieten in den Großstädten jedoch nur knapp 50 Cent je Quadratmeter höher als auf dem Land. Damit seien die beiden Zentren stark unterbewertet. »Eine Durchschnittswohnung kostet in Magdeburg damit 30 Euro mehr als in Tangerhütte.« Der Anreiz, für den geringen Aufpreis in die Stadt zu ziehen, sei angesichts der sinkenden Versorgungssicherheit mit Nahverkehr und Ärzten auf dem Land damit auch besonders groß, so die Spitzenverbände.

Ein starker Anstieg der Mieten sei jedoch auch 2017 nicht zu erwarten. In diesem Jahr stiegen die Preise bei den kommunalen und genossenschaftlichen Anbietern demnach maximal um ein Prozent und lagen bei durchschnittlich 4,80 Euro auf den Quadratmeter. Aus Marktgründen würden selbst die stetigen Modernisierungen von Bestandswohnungen kaum auf die Mieter umgelegt, hieß es. In Halle und Magdeburg investieren die Genossenschaften und kommunalen Wohnungsbaugesellschaften inzwischen auch wieder in den Neubau. Hier lägen die Mietpreise mit 7,50 Euro bis neun Euro je Quadratmeter etwas höher als bei den sanierten Bestandswohnungen. dpa/nd

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