Wo die letzten Glühbirnen reifen

Auch die Straßenlampen müssen umgerüstet werden - vielerorts wird das Jahre dauern

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München. Deutschlands Kommunen benötigen noch Jahrzehnte für die Umrüstung von Straßenlaternen und Ampeln auf energiesparende LED-Beleuchtung. Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) geht davon aus, dass eine flächendeckende Umrüstung auf LED-Technologie 20 bis 30 Jahre dauern könnte, wie es bei der Organisation in Berlin heißt. Das liegt unter anderem, dass viele Städte erst im vergangenen Jahrzehnt ihre Straßenbeleuchtung auf energiesparende Natriumdampf-Hochdrucklampen umgestellt haben. Eine neuerliche Modernisierung wäre unwirtschaftlich und teuer.

An der energiesparenden Modernisierung aber führt kein Weg vorbei: Da die Ökodesign-Richtlinie der EU mitsamt Glühbirnen-Verbot auch für die Kommunen gilt, muss in Berlin, Dortmund und vielen anderen deutschen Kommunen die Straßenbeleuchtung umgerüstet werden.

Von einem Mangel an Straßenbeleuchtung kann in Deutschland keine Rede sein. Im Durchschnitt kommt in etwa auf jeden achten Bewohner der Bundesrepublik ein »Lichtpunkt« - rund zehn Millionen insgesamt, schätzt die Dena. Wie hoch die Gesamtkosten der Straßenlampen-Reform ausfallen könnten, hat niemand je geschätzt. Doch sofern noch nicht geschehen, muss auf jeden Fall umgerüstet werden. Denn so schreibt es die ErP-Direktive 2009/125/EG vor, wie die Brüsseler Ökodesign-Richtlinie offiziell heißt. Das Glühbirnenverbot gilt auch für die Öffentliche Hand. Das Einsparpotenzial ist hoch, denn der Betrieb der »Lichtpunkte« ist teuer. »In den Kommunen zeichnet die Straßenbeleuchtung vor ihrer Umrüstung auf LED für rund 40 Prozent des kommunalen Stromverbrauchs verantwortlich«, sagt Karsten Lindloff, Projektleiter Energiesysteme und Energiedienstleistungen bei der Dena.

»Durch die energetische Modernisierung können davon bis zu 80 Prozent eingespart werden, insgesamt circa 2,2 Milliarden Kilowattstunden.« Nach einer 2015 veröffentlichten Studie der Energie-Agentur hatten vor einem Jahr mehr als die Hälfte der befragten 900 Kommunen maximal ein Fünftel ihrer Straßenlaternen auf LED umgestellt, lediglich gut ein Zehntel hatte schon mehr als 80 Prozent seines Lampenbestands durch LED-Leuchten ersetzt. Sparen lässt sich nicht nur Geld: Im westfälischen Bielefeld haben die Stadtväter ausrechnen lassen, dass die Umrüstung auf LED den Energieverbrauch und Kohlendioxid-Ausstoß, die durch den Betrieb der Straßenbeleuchtung verursacht werden, um jeweils 45 Prozent verringert hat.

Allein in Berlin gibt es nach Angaben der Senatsverwaltung 224 000 Straßenleuchten - mit über 200 Lampentypen in mehr als 1000 unterschiedlichen Ausführungen. Das macht die Umrüstung nicht billiger.

Ein großes Modernisierungsprojekt läuft derzeit auch in Dortmund. In der Stadt mit 600 000 Einwohnern sollen nach Angaben des Rathauses innerhalb der kommenden acht Jahre über 24 000 Straßenlaternen umgebaut werden - knapp die Hälfte der Dortmunder Beleuchtung. Denn in den vergangenen Jahrzehnten hat die Stadtverwaltung wenig für die Modernisierung der Straßenbeleuchtung getan.

Hamburg dagegen steht vor einem ganz anderen Problem: Deutschlands zweitgrößte Stadt hat erst im vergangenen Jahrzehnt die Straßenbeleuchtung runderneuert - auf sogenannte Natriumdampf-Lampen, die vor zehn Jahren noch Standard waren. »Durch eine flächendeckende Umrüstung würden sich die Betriebskosten eher erhöhen anstatt zu sinken«, erläutert Nils Schönrok, Sprecher der Hamburg Verkehrsanlagen. Die Lebensdauer der LED-Leuchten sei niedriger, außerdem wären dann Investitionen sowohl in neue Masten als auch in die Stromversorgung notwendig. LED verbraucht allerdings noch weniger Energie als Natriumdampf-Beleuchtung.

Und neben den Straßenlaternen gibt es ja auch noch die Ampeln. Wohlhabende Städte wie München haben ihre »Lichtsignalanlagen« schon weitestgehend umgerüstet - von 1100 Ampelanlagen in der bayerischen Landeshauptstadt sind laut Baureferat schon 96 Prozent auf Energiesparbetrieb umgestellt. Dabei hat die Europäische Union hier sogar ein Schlupfloch gelassen. Denn Ampeln zählen nicht als Beleuchtung. Laut EU-Richtlinie 2005/32/WE dürfen 230 Volt-Spezialglühbirnen für die Signalisierung weiterhin verwendet werden. dpa/nd

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