nd-aktuell.de / 25.01.2017 / Politik / Seite 3

TPP-Nachfolger gesucht

Staaten bedauern Ausstieg von Trump aus Transpazifischem Freihandelsabkommen

Christian Mihatsch

Mit einem Federstrich hat der neue US-Präsident Donald Trump das in den USA noch nicht ratifizierte Freihandelsabkommen TPP mit zwölf Ländern rund um den Pazifik auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen. Jahrelang hatte die US-Regierung mit den Ländern Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam verhandelt. US-Präsident Barack Obama wollte damit sowohl die wirtschaftlichen als auch die politischen Verbindungen zu Asien stärken. Mit etwa 800 Millionen Bewohnern und fast 40 Prozent des Welthandels wäre dies ein riesiger Wirtschaftsraum. Als wahrscheinlich größte Profiteure galten die Autoindustrie - sowohl japanische Marken, die auf besseren Zugang zu den USA hoffen konnten, als auch die US-Autobauer, die Boommärkte wie Vietnam im Blick haben.

Wie es weitergeht, ist unklar. Einige der elf verbleibenden TPP-Länder überlegen sich derweil, das Abkommen ohne die USA umzusetzen. »Es gibt eine ganze Reihe von Ländern, die ein Interesse haben zu prüfen, ob ein ›TPP minus Eins‹ funktioniert«, erklärte der australische Handelsminister Steven Ciobo. Australiens Premierminister Malcolm Turnbull sagte am Dienstag, seine Regierung führe bereits »aktive Diskussionen« mit anderen Teilnehmerstaaten, und brachte China ins Spiel: »Sicherlich gibt es die Möglichkeit, dass China bei TPP einsteigt.« Peking reagierte auf die Offerte zunächst zurückhaltend.

Der japanische Regierungssprecher Koichi Hagiuda bezeichnete ein TPP ohne die USA hingegen als »sinnlos«: »Ohne die USA verliert das Abkommen seine fundamentale Balance der Vorteile.« Handelsminister Hiroshige Seko hofft immer noch auf ein Umdenken in Washington: »Wir glauben, wir haben noch immer eine Gelegenheit, die USA von der Wichtigkeit freien Handels zu überzeugen.« Für Japan ist das Ende von TPP besonders problematisch. Der japanische Premierminister Shinzo Abe will mit Hilfe von Handelsabkommen, strukturelle Reformen in seinem Land durchsetzen. Er will nun persönlich vorstellig werden, um Trump die strategische und wirtschaftliche Bedeutung des Abkommens klarzumachen.

Sollte TPP tatsächlich scheitern, gilt China als der große Nutznießer sowohl wirtschaftlich als auch geostrategisch. »Wir müssen uns erinnern, dass es bei TPP im Kern nie um Handel ging«, sagt Harry Kazianis vom »Centre of the National Interest«, einem US-Think Tank. TPP habe »sichergestellt, dass die USA eng mit der Asien-Pazfik-Region verbunden sind zu einer Zeit, in der China schnell an Macht gewinnt«.

Aus Sicht des chinesischen Diplomaten Zhang Jun hinterlässt das Ende von TPP eine Lücke: »Wenn jemand sagen würde, China spiele eine Führungsrolle in der Welt, dann sage ich: China rennt nicht vor, sondern die Spitzenreiter treten zurück und überlassen den Platz China.«

Peking weiß auch schon, wie es die Lücke füllen kann: mit der »Regional Comprehensive Economic Partnership« (RCEP). Dieses Handelsabkommen umfasst neben den südostasiatischen Ländern auch Südkorea, Indien, Japan, Australien und Neuseeland, nicht aber die USA.

Wie die US-Handelspolitik mit den TPP-Ländern weiter gehen wird, ist derzeit unklar. Trump hat angekündigt, bilaterale Abkommen zu schließen: »Wir werden Handel haben, aber einer gegen einen.« Außerdem scheint Trump eine sehr kurze Kündigungsfrist für neue Abkommen anzustreben: »Wenn sich jemand schlecht benimmt, dann schicken wir denen eine Kündigung - 30 Tage.«

Diese Frist kritisierte umgehend der neuseeländische Premierminister Bill English als »einen Aspekt, den wir unattraktiv fänden«. English sieht denn auch nur »eine ziemlich geringe Wahrscheinlichkeit«, dass es ein bilaterales Abkommen zwischen den beiden Ländern geben wird.

Vorteile von Trumps TPP-Entscheidung verspricht sich der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel: »Wenn Trump einen Handelskrieg mit Asien und Südamerika anzettelt, dann eröffnet das Chancen für uns.« Der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer warb sogleich für einen Einstieg der EU in die transpazifische Partnerschaft.