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Filipinos greifen zu den Waffen

Dialog zwischen Regierung und Rebellen aufgekündigt / Zivilgesellschaft fordert Rückkehr zu Verhandlungen

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 4 Min.

Nach sieben Monaten kommt das Aus für den hoffnungsvollsten Ansatz der jüngeren Vergangenheit, einen auf den Philippinen seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt zu beenden. Unter ihm litt in erster Linie die zweite Hauptinsel Mindanao im Süden des Staates. Der selbst von Mindanao stammende Präsident Rodrigo Duterte, der zuvor über 20 Jahre Bürgermeister der Großstadt Davao war, hatte eine solche Initiative schon im Wahlkampf angesprochen.

Kurz nachdem Duterte im Mai 2016 zum neuen Staatsoberhaupt gewählt wurde, erfolgten dann die ersten Schritte, um es nicht bei leeren Worten zu belassen. Gespräche mit den Rebellen unter Vermittlung vor allem der in solchen Dingen erfahrenen Norweger wurden eingeleitet, einige Inhaftierte freigelassen. Vier Linke, die der Bewegung zumindest nahe stehen, wurden als Minister in die Regierung aufgenommen.

Jetzt liegen das ganze Projekt und mit ihm die Hoffnungen von Millionen Filipinos offenbar in Trümmern. Die Wortwahl Dutertes, der nichts für diplomatische Zurückhaltung übrig hat, ließ wenig Zweifel daran, dass noch etwas zu kitten sein könnte. In seiner Erklärung vom 6. Februar stufte der Präsident die von der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP) angeführte Nationale Demokratische Front (NDF) und ihren bewaffneten Arm, die Neue Volksarmee (NPA), als »terroristische Gruppierung« ein, gegen die man nun hart vorgehen werde.

Die vom Maoismus inspirierte CPP war 1968 an Mao Zedongs 75. Geburtstag gegründet worden und führte von Beginn an einen Untergrundkampf gegen die sich verschärfende Herrschaft des diktatorischen Präsidenten Ferdinand Marcos. Er wurde 1986 gestürzt und starb später im US-Exil.

Zumindest in der Anfangsphase ab 1969 waren Einheiten der NPA in 69 der 81 philippinischen Provinzen aktiv. Die Regierungen in Manila reagierten mal mit stärkerem militärischem Druck, mal mit Versuchen zu einer politischen Lösung. Schon unter Präsident Joseph Estrada gab es einen Dialog. Zu dessen Ergebnissen gehörte, dass sich 1998 eine Gruppe von den Rebellen abspaltete und eine legale Linkspartei gründete.

Auch Präsidentin Glorio Macapagal-Arroyo hatte 2007 bereits mit einer Teilamnestie guten Willen für einen neuen Versuch von Verhandlungen gezeigt. Die Hoffnungen zerstoben aber ebenso wie unter ihrem Nachfolger Benigno »Noynoy« Aquino, der voriges Jahr von Duterte im höchsten Staatsamt abgelöst wurde.

Vor allem die persönliche Beziehung zwischen dem heutigen Präsidenten und dem im niederländischen Exil lebenden CPP-Mitbegründer Jose Maria Sison aus Studententagen hatte Hoffnungen auf erfolgreiche Friedensverhandlungen genährt. Dies umso mehr, da schon zwei Wochen vor Dutertes formellem Amtsantritt ein erstes Treffen seiner Emissäre mit Sison und Begleitern »in warmer, lockerer Atmosphäre« stattfand, wie Medien berichteten.

Über ein Jahrzehnt nach den letzten offiziellen Friedensgesprächen 2004 - bis 2014 hatte es immerhin noch eine gewisse »Hintergrund-Diplomatie« gegeben - ging es darum, den Rahmen für die Oslo-Verhandlungen abzustecken. Die Freilassung inhaftierter NDF-Führer, die zur Verhandlungsdelegation der Rebellen gehören sollten, und das Angebot von Ministerposten stärkten Erwartungen. Einen Dämpfer erhielt das anfangs gute Verhältnis beider Seiten im November, als Duterte mit der Linie seiner Amtsvorgänger brach und die Bestattung der sterblichen Überreste von Exdiktator Marcos auf dem Heldenfriedhof in Manila gestattete. Das rief scharfe Kritik der CPP-Führung hervor.

Trotz der Waffenruhe gab es zuletzt einige Zusammenstöße zwischen Armee und Rebellen. Die Aufkündigung der Feuerpause vor einer Woche war dann der erste Schritt, den neuen Friedensdialog anscheinend zu beerdigen. Noch am Wochenende verlautete allerdings aus Regierungskreisen, man könne doch parallel kämpfen und verhandeln.

Doch Dutertes Worte vom Sonntag, dass den Verhandlungsführern der Rebellen bei einer Rückkehr in die Heimat die sofortige Festnahme drohe und man gegen sie auch einen internationalen Haftbefehl erwirken wolle, ließen wenig Gutes erwarten. Ein breites Bündnis aus Vertretern der Zivilgesellschaft, darunter legaler linker Gruppen, der Kirche, Gewerkschaften und anderer Verbände, forderte in einer Erklärung beide Seiten auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Eine Rückkehr zur Gewalt, die in fast 50 Jahren rund 40 000 Todesopfer forderte, müsse verhindert werden, so auch die sozialistische Senatorin Risa Hontiveros.

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