Gina-Lisa Lohfink und ein Ende

Kammergericht urteilt, dass das Model zwei Männer verleumdet hat / Strafhöhe sei allerdings unbegründet hoch

  • Ellen Wesemüller
  • Lesedauer: 2 Min.

Es sollte eigentlich nicht um die Frage gehen, ob zwei Männer Gina-Lisa Lohfink vergewaltigt haben. In der sogenannten »Sprungrevision« sollte lediglich geklärt werden, ob es im vorangegangen Verfahren des Amtsgerichts Tiergarten Fehler gegeben habe und so der Strafbefehl (Verleumdung) und das Strafmaß (80 Tagessätze zu 250 Euro) neu zubemessen werden müssten.

Und doch ging es genau um diese Frage. Verteidiger Burkhard Benecken sagte in seiner Begründung, Lohfink habe bei der Polizei lediglich ausgesagt: »Ich vermute, mir sind K.-o.-Tropfen gegeben worden.« Er fragte, worin der Tatbestand der Verleumdung begründet sein soll: »Das muss man sagen dürfen«, so Benecken. Seine Mandantin habe »Nötigungsmittel und sexuelle Handlung, die den Vergewaltigungstatbestand erfüllten« nicht verknüpft. Als er die Verfahrensdauer kritisierte, nahm er jedoch selbst eben dieses Wort in den Mund: »Das darf kein Vorbild sein, wenn es um Vergewaltigungsverfahren geht.«

Auch Richter Ralf Fischer ließ sich nach seiner kurzen Verlesung des Urteils - das den Strafbefehl der Verleumdung bestätigte, die Höhe der Tagessätze jedoch als unbegründet beurteilte - zu der Frage aus, ob eine Vergewaltigung stattgefunden habe. »Keine vergewaltigte Frau, die die Tat anzeigt, muss damit rechnen, auf der Anklagebank zu sitzen.« Entsprechende Aussagen von Prozessbeteiligten, Aktivisten und Medien bezeichnete er als »Unfug.« Es hätte im Gegenteil »massive Beweismittel für die Unschuld der Männer« gegeben. Wenn der Prozess etwas beweise, dann dass es »unwahre Vergewaltigungsanzeigen« gebe. »Ein besseres Beweismittel als ein Video kann ich mir nicht vorstellen.« Dann sagte er zu Lohfink einen Satz, der nach dem ersten Urteilsspruch in vielen Kommentaren zu lesen war: »Allen wirklichen Vergewaltigungsopfern haben Sie einen Bärendienst erwiesen.«

In ungewöhnlich scharfer Form kritisierte er Benecken: Er riet Lohfink, zu prüfen, ob »der Verteidiger Sie den Haien zum Fraß vorgeworfen hat - dann sollten Sie ihren Anwalt verklagen.« Er kritisierte außerdem, dass der Verteidiger der Angeklagte nicht geraten habe, dem Prozess fernzubleiben. Lohfink sei gut beraten gewesen, das Strafmaß anzunehmen: »Sie sind entweder von der eigenen Unverwundbarkeit überzeugt oder leben in einer Realität der alternativen Fakten.«

Lohfink selbst sagte: »Ich bin froh, wenn die Sache vorbei ist. Das ist für mich keine Modenschau, nur, weil ich mich schön anziehe. Ich hätte heute auch gerne etwas anderes gemacht. Darüber zu reden geht an die Psyche.« Nun muss das Amtsgericht die Tagessätze neu berechnen.

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