Uber-Chef verspricht Aufklärung nach Sexismus-Vorwürfen

Ehemalige Mitarbeiterin berichtet von frauendiskriminierender Unternehmenskultur und chaotischen Zuständen

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Nachdem eine frühere Mitarbeiterin dem Fahrdienst-Vermittler Uber eine Unternehmenskultur voller Sexismus vorgeworfen hat, verspricht Firmenchef Travis Kalanick ein hartes Durchgreifen. »Was hier beschrieben wurde, ist abscheulich und widerspricht allem, woran wir glauben. Jeder, der sich so verhält oder glaubt, dass es okay ist, wird gefeuert«, schrieb Kalanick in der vergangenen Nacht bei Twitter.

Die Software-Entwicklerin Susan Fowler beschreibt in einem Blogeintrag unter anderem, wie ihr Vorgesetzter sie an ihrem ersten Tag in dem Job mit einem Sex-Angebot angeschrieben habe. Als sie sich bei der Personalabteilung beschwerte, sei ihr angeboten worden, in einen anderen Bereich zu wechseln, anstatt den Manager zu bestrafen. Offenbar, weil es sein erster Verstoß gewesen und er zu wertvoll für die Firma sei, so die offizielle Stellungnahme. Tatsächlich sei diese Behauptung auch anderen Frauen erzählt worden, die ähnliche Erfahrungen mit demselben Manager gemacht hatten, berichtet Fowler.

In der Folge sei sie immer wieder auf Sexismus gestoßen, zum Beispiel als für 120 Männer in einem Team Lederjacken bestellt wurden, aber nicht für die 6 Frauen. Begründung: Es habe für die Frauen keinen Mengenrabatt gegeben, weswegen diese leer ausgingen. Die Personalabteilung habe ihre Beschwerden über Benachteiligungen ignoriert und an einem Punkt sogar erklärt, sie sei das eigentliche Problem. Fowler wechselte Anfang des Jahres zum Bezahldienst Stripe.

Kalanick beauftragte die neue Personalchefin Liane Hornsey nun, die Vorwürfe dringend zu prüfen. Zudem kündigte auch Verwaltungsratsmitglied Arianna Huffington eine unabhängige Untersuchung an. Die Gründerin der Online-Zeitung »Huffington Post« veröffentlichte ihre E-Mail-Adresse bei Twitter, damit sich Betroffene bei ihr melden können.

Vorwürfe sexueller Diskriminierung sind nicht neu in der von Männern dominierten Arbeitswelt der Tech-Industrie. In den vergangenen Jahren sorgte unter anderem die Klage von Ellen Pao gegen die berühmte Risikokapital-Firma Kleiner Perkins für Aufsehen. Pao konnte die Geschworenen jedoch nicht davon überzeugen, dass sie in ihrer Karriere benachteiligt wurde, weil sie eine Frau ist. Die neuen Vorwürfe gegen Uber sind aber drastischer als bisherige Fälle, weil sie das Bild von einem Unternehmen zeichnen, in dem Sexismus zum System gehört.

Fowler schrieb, während ihres Jahres bei Uber sei der Anteil von Frauen in ihrem Bereich von 25 Prozent auf unter 6 Prozent gesunken. Neben den Sexismus-Beispielen beschrieb sie auch, wie Manager einander bewusst schadeten, oder Vorgesetzte untergraben würden, um schnell Karriere zu machen. Dieses Chaos in Verbindung mit der anhaltenden Benachteiligung von Frauen habe den massenhaften Mitarbeiterinnenschwund beschleunigt und die Arbeit massiv behindert.

Zudem, beklagt Fowler, seien Beurteilungen ihrer Leistung nachträglich negativ geändert worden - womöglich, um sie davon abzuhalten, das Team zu wechseln. Die Verschlechterung ihrer Bewertung habe sie jedoch nicht nur an einer Versetzung gehindert, sondern führte auch dazu, dass ihr ein von Uber finanziertes Stipendium verwehrt wurde, welches nur bestbewerteten MitarbeiterInnen genehmigt würde, beklagt sie.

Uber geriet in den vergangenen Jahren immer wieder in die Kritik nicht nur wegen der aggressiven internationalen Expansion mit der Missachtung geltender Regeln, sondern auch wegen des Verhaltens seiner Führungskräfte. So sorgte der Top-Manager Emil Michael vor gut zwei Jahren für massive Kritik mit öffentlichen Gedankenspielen, man könne kritische Journalisten ausforschen, um Material gegen sie in der Hand zu haben. Michael behielt seinen Job.

Uber-Chef Kalanick stand zuletzt in der Kritik, weil er im Wirtschaftsrat des US-Präsidenten Donald Trump saß. Er gab den Posten im Beraterstab dann schnell wieder auf. »Der Gruppe anzugehören sollte nicht bedeuten, Unterstützer des Präsidenten oder seiner Agenda zu sein«, schrieb Kalanick in einer E-Mail an seine Belegschaft. Aber unglücklicherweise sei es genau als das missverstanden worden.

Der Twitter-Hashtag »#DeleteUber« (lösche Uber), den Kritiker erst vor wenigen Wochen wegen einer Streikbruch-Aktion seitens Uber gegen New Yorker TaxifahrerInnen in Umlauf gebracht hatten, tauchte am Montag nach den Sexismus-Vorwürfen wieder häufiger bei dem Kurznachrichtendienst auf. fbr/mit Agenturen

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