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Nordkorea schiebt jede Verantwortung von sich

Hochgiftiges Nervengas soll für den Tod von Kim Jong Nam in Kuala Lumpur verantwortlich sein

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine Woche benötigte die nordkoreanische Seite für eine Reaktion auf das Geschehen in Kuala Lumpur. Kim Jong Nam, Halbbruder des nordkoreanischen Führers Kim Jong Un, war am 13. Februar auf dem Flughafen der malaysischen Hauptstadt zusammengebrochen und auf dem Weg in ein Krankenhaus verstorben.

In einer »Stellungnahme des Sprechers des Juristenkomitees Koreas«, das bisher noch nie in Erscheinung getreten ist, wird von einem »Bürger unserer Republik mit Diplomatenpass« gesprochen. Über die Identität des Mannes wird absolutes Stillschweigen bewahrt. Nach Aussagen des »Juristenkomitees« habe der Bürger mit Diplomatenpass plötzlich einen Herzinfarkt erlitten und sei daran verstorben.

Der Stellungnahme ist zu entnehmen, dass zwischen der malaysischen Seite und den Nordkoreanern eine Absprache existiert hat, wonach der Leichnam ohne weitere medizinische Untersuchung der Botschaft übergeben und er dann »kremiert«, also verbrannt, werde. Die Nordkoreaner hätten dann die sterblichen Überreste ausfliegen lassen und die Geschichte wäre beendet gewesen. Doch da hier der Verdacht auf einen Mordanschlag vorlag, nahmen die malaysischen Behörden eine gerichtsmedizinische Untersuchung vor, die jetzt die These vom Giftmord bestätigt haben soll.

Überwachungsbilder des Flughafens zeigen, wie sich zwei Frauen dem kräftigen Mann näherten und ihm von hinten ein Tuch oder Ähnliches ins Gesicht gedrückt wurde. Nach fünf Sekunden war diese scheinbar harmlose Attacke beendet, Kim Jong Nam brach nach wenigen Minuten zusammen. Es soll Nervengift gewesen sein, das den 45-Jährigen das Leben kostete. Dieses Gift mit der Bezeichnung VX soll geruch- und farblos sein und in kurzer Zeit zum Tode führen.

Aus Sicht der Nordkoreaner begannen die Probleme erst in dem Moment, als südkoreanische Medien die Nachricht verbreiteten und das Geschehen als Giftmord bezeichneten. Erst danach habe sich der malaysische Geheimdienst eingemischt und den Fall zu einem Politikum gemacht. Malaysia hätte nicht das Recht gehabt, ohne Absprache mit der DVRK den Leichnam zu öffnen, da der Gestorbene über einen Diplomatenpass verfügt habe. Das Vorgehen Malaysias sei deshalb völkerrechtswidrig, eine »grobe Beeinträchtigung der Souveränität unserer Republik, grobe Verletzung am Menschenrecht und inhumanitäre Handlung«. Nordkorea hat angekündigt, eine Juristendelegation nach Malaysia zu schicken, um vor Ort den Fall aufklären zu wollen.

Viele Fragen nach Hintergründen und Motiven der Tat bleiben noch im Dunkeln. So ist nach wie vor ungeklärt, wie die beiden Frauen mit vietnamesischem und indonesischem Pass das hochgiftige Material bei sich tragen konnten, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Bei einer Frau sollen nach malaysischen Angaben selbst Spuren des Nervengases gewirkt haben. Vier Männer sollen ebenfalls verdächtig sein, beim Anschlag auf Kim Jong Nam beteiligt gewesen zu sein. Sie sollen sich jedoch unmittelbar nach der Tat nach Nordkorea abgesetzt haben. Ein fünfter Nordkoreaner befindet sich wie die beiden Frauen in Haft.

In Südkorea geht man davon aus, dass der Anschlag auf das Konto von Nordkoreas Herrscher Kim Jong Un geht. Da Kim Jong Nam der ältere Sohn des verstorbenen Führer Kim Jong Il war, stünde er in der Thronfolge vor dem jetzigen Staatschef und hätte in unruhigen Zeiten zu einer Gefahr für den Machthaber werden können.

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