Fillon bleibt - wie die Vorwürfe gegen ihn

Konservativer beharrt trotz bevorstehenden Verfahrens wegen Veruntreuung auf seiner Präsidentschaftskandidatur

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Trotz der durch die Justiz angekündigten Einleitung eines offiziellen Ermittlungsverfahrens will der rechtsbürgerliche Präsidentschaftskandidat François Fillon nicht zurücktreten. Das hat er am Mittwochmittag in Paris vor der Presse erklärt. Am Morgen war bekannt geworden, dass er für den 15. März, zwei Tage vor Meldeschluss für die Kandidaten zur Präsidentschaftswahl, von einem Untersuchungsrichter vorgeladen wurde, der ihm nach Abschluss der Vorermittlungen die Eröffnung eines förmlichen Verfahrens mitteilen will. Dabei geht es um die offensichtlich fiktive Beschäftigung seiner Frau und zwei seiner Kinder als seine parlamentarischen Assistenten. Dafür kassierte die Familie über 15 Jahre verteilt rund eine Million Euro brutto, was als »Betrug« und »Veruntreuung öffentlicher Mittel« gewertet wird.

Der Ende 2016 aus der Vorwahl der rechten Republikaner und des Zentrums hervorgegangene Kandidat spricht von einem »politischen Mord«. Er werde zur Vorladung gehen, setze aber seine Kampagne entschlossen fort, kündigte Fillon an. »Ich gebe nicht nach, ich ziehe mich nicht zurück, ich leiste Widerstand und rufe meine Anhänger auf, dasselbe zu tun«, sagte er. Fillon beschuldigte die Justiz, ihn »von Anfang an nicht wie einen beliebigen Bürger« behandelt zu haben, sondern voreingenommen nur von seiner Schuld ausgegangen zu sein und ungewöhnlich schnell gehandelt zu haben, offenbar um seine Kandidatur zu torpedieren.

Den Medien wirft Fillon vor, eine »disproportionale Kampagne« gegen ihn geführt und dabei rechtswidrig Protokolle der ermittelnden Staatsanwaltschaft verwendet zu haben. Schon am Vorabend hatte Fillon in einer Wahlkampfrede der Regierung unterstellt, sie lasse »im Land ein Bürgerkriegsklima aufkommen«. Doch er lasse sich nicht »ausschalten« und lege sein Schicksal »in die Hand der Wähler«.

Damit tritt Fillon panikartig die Flucht nach vorn an. In der Vorwahl hatte er sich als »Saubermann« profiliert. Unter Anspielung auf seinen Konkurrenten Nicolas Sarkozy hatte er erklärt: »Wäre etwa Charles de Gaulle Kandidat geblieben, wenn gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wäre?« Für den Fall, dass ihm selbst das widerfahren würde, werde er natürlich sofort zurücktreten. Das fiel ihm auf die Füße, als vor vier Wochen die Zeitung »Le Canard enchainé« die Scheinbeschäftigung von Penelope Fillon aufdeckte und die Justiz die Anschuldigungen aufgriff und untersuchte. Hinzu kommt, dass jetzt keiner seiner Mitbewerber von der Vorwahl als Ersatzmann einspringen will, weil die verbleibende Zeit zu kurz und die Aussichten für einen Erfolg zu gering sind. Darum setzt Fillon jetzt alles auf eine Karte. »Damit nimmt er die Wähler als Geiseln«, stellte ein Kommentator fest. Dabei ist ihm offenbar jede Lüge recht. So stimmt es nicht, dass der Presse Protokolle der Staatsanwaltschaft zugespielt wurden, und vergleichbar schnelle Untersuchungsverfahren gab es in der Vergangenheit durchaus.

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