Voll unter Strom auf Linie 89

Die Leipziger Verkehrsbetriebe treiben Elektromobilität auch im Busverkehr voran

  • Heidrun Böger, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

Noch fällt er wenig auf im Leipziger Straßenverkehr, der Elektrobus auf der Linie 89. Für die Fahrgäste ist kaum ein Unterschied zu den Hybrid-Bussen erkennbar, die sowohl Strom als auch Diesel nutzen. Bei der neuen Technologie des vollelektrischen Busses mit Schnellladung arbeiten die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) mit dem Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme in Dresden zusammen.

»Ich fahre den Bus sehr gern«, sagt Fahrer Tilo Ehrlich. »Vor allem weil er ruckelfrei ist beim Anfahren und Bremsen und stufenlos beschleunigt. Das ist angenehm.« Manchmal beobachtet er Fahrgäste, die extra von einem Hybrid-Bus in den vollelektrischen Bus umsteigen. Offensichtlich verfolgen die Leipziger die Presseveröffentlichungen zum Bus, auch wird am Fahrzeug außen auf Elektromobilität und Schnellladung hingewiesen.

Dennoch erkennen nur Eingeweihte die technologischen Details. Der Elektrobus hat keinen Tank, sondern einen 86-Kilowattstunden Lithium-Polymer-Batteriespeicher, also einen Akku. Der ist deutlich größer als der eines Pkw, aber für einen Bus auch nicht sehr groß. Das Dresdner Fraunhofer-Institut hat auch einen Bus mit einer 133-Kilowattstunden-Batterie.

Der Akku wird an der Haltestelle am Connewitzer Kreuz über ein Hochstromkontaktsystem in sechs bis acht Minuten aufgeladen. Dazu fährt Tilo Ehrlich den Bus zentimetergenau an eine Haltelinie und unter eine Haube. Das Kontaktsystem fährt hoch und koppelt den Bus an. Der Stromabnehmer selbst erhält seine Energie wiederum über eine Ladestation gleich neben der Haltestelle und somit über das 600-Volt-Bahnstromnetz der LVB. Dabei wird die Nennspannung des Straßenbahnnetzes in die für die Ladung des Busses nötige Spannung umgewandelt. Eine zweite Ladestation gibt es auf dem Betriebshof der LVB. Die Technologie gilt als innovativ, seit mehr als zehn Jahren wird im Fraunhofer-Institut an dem Andock-Prinzip gearbeitet.

Mitarbeiter des Dresdner Instituts testen die Technologie gemeinsam mit den Leipziger Verkehrsbetrieben. Eine Akkuladung reicht für vier Runden der Buslinie 89, die vom Connewitzer Kreuz zum Hauptbahnhof der Messestadt und zurück führt. Das dauert etwa eine Stunde. Sicherheitshalber wird aber nach jeder Runde aufgeladen. Das schont auch die Akkus.

Der Bus ist ein Prototyp und gehört wie die Ladestation dem Fraunhofer-Institut, das wiederum vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Thoralf Knote, Abteilungsleiter für Fahrzeug- und Verkehrssystemtechnik am Institut: »Das Fahrzeug ist hier im Praxistest. Wir entwickeln die Technologie weiter, schauen, ob alles funktioniert, nehmen Verbesserungen vor.« Die Technik muss sicher sein und zuverlässig.

Deutschlandweit gibt es einen Trend bei den Verkehrsunternehmen, sich der neuen Technologie zu öffnen. In Köln fahren bereits acht vollelektrische Busse, in Hannover drei, in Dresden einer. In allen großen deutschen Städten gibt es entsprechende Projekte, auch wenn sich die Technologie teilweise unterscheidet. Marc Backhaus, Pressesprecher der LVB: »Im Jahr 2019 planen wir den schrittweisen Ersatz von 70 Standard-Bussen. Bis dahin prüfen wir, ob und in welchem Umfang das vollelektrische Busse sein können.« Die sind extrem leise und abgasfrei. Momentan haben die LVB 159 Busse, davon 18 Hybrid-Busse.

Noch rechnet sich ein vollelektrischer Bus nicht. Er ist zwar preiswerter unterwegs als Hybrid-Busse oder solche, die nur Diesel tanken. Doch der Anschaffungspreis ist mit ab 500 000 Euro mehr als doppelt so hoch wie bei einem normalen Dieselbus. Noch fehlen größere Stückzahlen, die die Produktion preiswerter machen würden.

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