Scheinangriff der SPD

Die Sozialdemokraten widersprechen den NATO-Aufrüstungszielen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die SPD will sich im Bundestagswahlkampf als »Friedenspartei« präsentieren. Dass sie selber maßgeblich dafür gesorgt hat, dass die Bundeswehr in vielen Teilen der Welt präsent ist und dort auch Kriegsparteien unterstützt oder selber Krieg führt, sieht die Führung der Sozialdemokraten offensichtlich nicht als Widerspruch zu ihrem Vorhaben. Beim Berliner Bundesparteitag am Sonntag wurde das Thema Auslandseinsätze nicht angesprochen.

Die Genossen wollen sich in einem anderen Bereich verbal von der Union abgrenzen. In seiner Abschiedsrede als Parteichef wetterte Sigmar Gabriel dagegen, den Militäretat bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, wie es die NATO-Staaten besprochen hatten. Es könne »nicht wahr sein«, dass von den OECD-Staaten gegen Hunger und Elend in der Welt 0,7 Prozent der Wirtschaftskraft und für Rüstungsausgaben durch die NATO zwei Prozent festgelegt würden. Zudem warnte der Außenminister davor, dass Ausgabensteigerungen fürs Militär auf Kosten der Sozialausgaben gehen könnten.

Wenig später legte sein vom Parteitag gewählter Nachfolger Martin Schulz nach. Zwar werde es einen Aufwuchs bei den Militärausgaben geben, sagte er der ARD. »Aber 20 Milliarden in jedem Jahr mehr für Rüstungsausgaben, das ist jedenfalls mit mir nicht zu machen.« Dabei ist gar nicht sicher, ob so viel Geld notwendig ist, um das Ziel der NATO zu erreichen. Denn die geforderten Aufwendungen für den Militäretat hängen von der wirtschaftlichen Entwicklung ab.

Derzeit gibt Deutschland 1,2 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für das Militär aus. Das klingt zwar wenig, aber die absoluten Zahlen zeigen, dass die Bundesrepublik neben Frankreich und den scheidenden Briten zu den großen Militärmächten in der Europäischen Union zählt.

Union und SPD haben sich zuletzt gemeinsam um die Aufrüstung der Bundeswehr bemüht, sind aber unter den NATO-Anforderungen geblieben. Deutschland hat seine Rüstungsausgaben vergangenes Jahr um mehr als zehn Prozent gesteigert. Der Wehretat vergrößerte sich um 1,1 Milliarden Euro auf 35,1 Milliarden Euro. Der Haushalt 2017 sieht Investitionen von 37 Milliarden Euro in die Armee vor, knapp zwei Milliarden mehr als im vergangenen Jahr.

Der Union ist trotz ihres grundsätzlichen Bekenntnisses zum Zwei-Prozent-Ziel klar, dass es kaum zu erreichen ist. Deswegen hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) einen »Aktivitätsindex« vorgeschlagen, der auch die Teilnahme an Auslandseinsätzen berücksichtigen soll. Letztlich wird wohl nicht die Höhe der Ausgaben entscheidend sein, sondern die Erfüllung der von US-Präsident Donald Trump gestellten Forderung, dass die von Krisen und Kriegen in der Ukraine, Nordafrika und dem Nahen Osten umgebenen Europäer weitgehend selber für ihre Sicherheit sorgen sollen. Das entspricht auch dem deutschen Interesse. Als wirtschaftlich stärkste und bevölkerungsreichste Nation würde die Bundesrepublik in der EU-Militärpolitik eine Führungsrolle spielen.

Eine verstärkte europäische Zusammenarbeit in der Militärpolitik ist im Weißbuch der Bundesregierung und von der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Federica Mogherini, vorgesehen. Bereits jetzt geben alle Staaten der Europäischen Union zusammen mit 200 Milliarden Euro mehr als doppelt so viel Geld fürs Militär aus wie etwa Russland, gegen das sich die Aufrüstungspolitik unter anderem richtet. Dieser Tage nannte der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) die Schaffung einer europäischen Armee in zwei oder drei Jahrzehnten als Fernziel.

Ansonsten dienen Rüstungsexporte an verbündete Staaten, darunter Diktaturen in Nordafrika und im Nahen Osten, den geostrategischen Interessen Deutschlands. Bis vor wenigen Wochen war hierfür in erster Linie Sigmar Gabriel als Wirtschaftsminister verantwortlich, der nun, ohne rot zu werden, vor einer »Aufrüstungsspirale« warnte und forderte, dass seine SPD »als Friedenspartei sichtbar bleiben« müsse.

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