Eine Frage der Qualität

Nach dem 0:2 in Bulgarien wackelt der niederländische Trainer, bessere Spieler hätte ein Nachfolger aber auch nicht

  • Lars Reinefeld und Dieter Ebeling, Amsterdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Der nächste peinliche Tiefschlag dürfte für Danny Blind wahrscheinlich der letzte gewesen sein. Nach dem erschreckend schwachen Auftritt der Niederlande am Sonnabend beim 0:2 (0:2) in Bulgarien am Samstag steht der Trainer des Oranje-Teams vor dem Aus. Bereits am Sonntagmittag, unmittelbar nach der Rückkehr aus Sofia, stand in Amsterdam ein Krisengespräch zwischen der Verbandsspitze und Blind an. »Es scheint mir klar zu sein, dass wir miteinander reden müssen«, sagte der wirtschaftliche Direktor des Verbandes, Jean-Paul Decossaux. »Vielleicht gibt es schnell Klarheit, vielleicht auch nicht.«

Am Dienstag geht es in der Amsterdam Arena im Freundschaftsspiel gegen Italien. Die Frage ist nun, ob der Verband Blind dieses Spiel noch machen lässt, auch wenn die Gefahr besteht, dass der Bondscoach von den längst völlig ernüchterten Fans ausgepfiffen wird. Oder ob beim Klassiker eine Interimslösung auf der Bank sitzt, ehe bei den nächsten anstehenden Länderspielen im Mai ein Nachfolger von Blind übernimmt. Genannt werden in den niederländischen Medien bereits die derzeit vereinslosen Louis van Gaal und Frank de Boer.

Dass Blind als Nationaltrainer noch eine Zukunft hat, scheint dagegen so gut wie ausgeschlossen. Auch wenn sich der 55-Jährige selbst am Sonntag am Flughafen in der bulgarischen Hauptstadt kämpferisch gab. Wenn es vom Verband keine andere Ansage gebe, werde er gegen Italien auf der Bank sitzen. »Ich trage meine Verantwortung und bin immer noch sehr kampfeslustig«, sagte der Trainer.

Blind hatte die Elftal im Juli 2015 von Guus Hiddink übernommen, den Abwärtstrend seit dem dritten Platz bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien aber nicht stoppen können. Zunächst verpassten die Niederländer die Teilnahme an der Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Nun rückt auch das Ticket für die WM 2018 in Russland in weite Ferne. Nach dem »Debakel von Sofia« (»Algemeen Dagblad«) liegt das Oranje-Team hinter Frankreich, Schweden und Bulgarien lediglich auf Platz vier. Nur der Erste sichert sich direkt das Ticket zur Weltmeisterschaft im kommenden Jahr, die acht besten Zweiten spielen in der Relegation vier weitere Plätze aus.

In Sofia lag Blind zum wiederholten Mal in seiner Amtszeit mit einer wichtigen Personalentscheidung daneben. Für den verletzten Stefan de Vrij rückte der erst 17-Jährige Matthijs de Ligt in die Abwehr, war bei seinem Länderspieldebüt aber völlig überfordert und verschuldete unter anderem das frühe 0:1 durch Spas Delew. Der bulgarische Stürmer traf vor der Pause auch noch zum Endstand.

Zwar korrigierte Blind seine Aufstellung zur Pause, doch trotz jeder Menge Ballbesitz fiel seinen Spielern nichts ein. Auch Bayern-Star Arjen Robben konnte keinerlei Akzente setzen. Der Kapitän sprach sich dennoch für einen Verbleib von Blind aus. »Ein anderer Trainer müsste es mit den gleichen Spielern machen«, sagte Robben. Es fehle einfach an Qualität, das sei eigentlich bereits vor der WM in Brasilien so gewesen. »Mit einer anderen Spielweise haben wir da viel kaschieren können.« Das gelingt nun schon lange nicht mehr. Weshalb Blinds Zeit als Bondscoach bald vorbei sein dürfte. dpa/nd

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