Kopftuch im Job unter Umständen verboten

Urteil des Europäischen Gerichtshofs

  • Lesedauer: 2 Min.

Voraussetzung ist aber, dass weltanschauliche Zeichen im Unternehmen generell verboten sind und dass es gute Gründe gibt. So urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 14. März 2017 (Rechtssachen C-157/15 und C-188/15). Allein der Wunsch eines Kunden, dass keine Frau mit Kopftuch für ihn Leistungen erbringt, genügt nicht für ein Verbot. Allerdings dürfte sich in Deutschland nach Einschätzung von Juristen mit den Richtersprüchen nicht viel ändern. Kopftücher am Arbeitsplatz sind im Prinzip erlaubt, Einschränkungen aber möglich. Die Regeln für Privatunternehmen seien mit dem EuGH-Urteil klarer geworden.

Bei staatlichen Arbeitgebern hat bereits das Bundesverfassungsgericht die Latte hoch gelegt. In den Urteilen zu Lehrern oder Kita-Erziehern hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, dass eine abstrakte Gefahr für Schulfrieden oder die staatliche Neutralität für ein Verbot nicht ausreicht. Es müsste zum Beispiel Missionierungsversuche, also eine konkrete Gefährdung, geben. Kirchliche Arbeitgeber haben etwas mehr Spielraum bei Verboten.

Anlass der EuGH-Urteile sind Klagen muslimischer Frauen. In Belgien war die Rezeptionistin Samira A. nach drei Jahren entlassen worden. Zuvor hatte sie angekündigt, das Kopftuch künftig auch während der Arbeitszeit in dem Sicherheitsunternehmen tragen zu wollen. Das widersprach der internen Arbeitsordnung, die sichtbare Zeichen von »politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen« verbot. Unter diesen Umständen stelle ein Kopftuchverbot keine unmittelbare Diskriminierung dar, erklärten die Richter. Dabei wird jemand zum Beispiel wegen seiner Religion schlechter behandelt, was verboten ist.

Allerdings könne es um »mittelbare Diskriminierung« gehen, also eine scheinbar neutrale Regelung, die aber Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung besonders benachteiligt. Dies könne jedoch gerechtfertigt sein, etwa um Neutralität gegenüber Kunden zu wahren, so die Richter. Vorgaben, die nur Angestellte mit Kundenkontakt beträfen, seien in jedem Fall in Ordnung. Ansonsten sei wichtig, ob die Regelungen auch konsequent umgesetzt würden.

Zum Fall aus Frankreich stellten die Richter klar, dass allein der Wunsch eines Kunden, Leistungen nicht von einer Frau mit Kopftuch erbringen zu lassen, kein Verbot rechtfertige. Asma B. verlor ihren Job als Software-Designerin, nachdem ein Kunde sich beschwert hatte, weil sie mit Kopftuch arbeitete. Hier sei unter anderem noch zu klären, ob das Tragen des Tuchs gegen unternehmensinterne Regelungen zu weltanschaulichen Zeichen verstoße, so die Richter. Die konkreten Einzelfälle müssen Gerichte in Belgien und Frankreich entscheiden. dpa/nd

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