nd-aktuell.de / 15.04.2017 / Politik / Seite 2

Ein Rechner

Personalie

Hendrik Lasch

Mit Buchhaltung kennt sich Sven Krüger aus. Als Bankkaufmann hat er 17 Jahre lang bei der Sparkasse gearbeitet, bevor der 2009 Bürgermeister in der sächsischen Universitätsstadt Freiberg wurde, zuständig zunächst für Finanzen. Vor zwei Jahren wurde der SPD-Mann zum Rathauschef gewählt. Jetzt wird der Kommunalpolitiker weit über die Stadt hinaus bekannt: mit einer Rechnung, die er an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sandte. 736 200 Euro, rechnet Krüger vor, habe Freiberg 2016 für die Integration von Flüchtlingen ausgegeben. Allerdings habe Merkel versichert, dass die Aufnahme der Flüchtlinge weder zur Erhöhung von Steuern und Schulden führen noch kommunale Etats zusätzlich belasten solle: »Daran wollte ich sie erinnern.«

Die Rechnung ist kein Trick, um sich um die politische Verantwortung zu drücken. Der ist Freiberg nachgekommen - mehr als jene sächsischen Kommunen, die vor einiger Zeit über die Lasten durch die Unterbringung der Flüchtlinge stöhnten, ohne einen einzigen aufgenommen zu haben. In Freiberg sind es 1700; mit vier Prozent der Einwohnerzahl liegt der Anteil über dem bundesweiten Schnitt von einem Prozent. Und man hat es nicht bei bloßer Unterbringung belassen. Die Stadt verweist auf Sprachförderung, eine eigens gegründete internationale Kita mit ägyptischer Erzieherin; die Stelle einer Integrationsbeauftragte, die auch Arabisch spricht. Es gibt einen sehr aktiven Verein »Freiberg grenzenlos« und eine internationale Läufergruppe. Viel Arbeit wird im Ehrenamt erledigt, anderes kostet. Die Einnahmen reichten dafür nicht; die Grundsteuer musste erhöht werden, hieß es. Darüber, sagt Krüger, müsse man offen reden.

Im Internet gibt es für den Rathauschef viel Beifall. Es wird aber auch angemerkt, dass Merkel ihrerseits eine Rechnung schicken könnte: für das Geld vom Bund, mit dem Freiberg zu einer »schicken, funktionierenden Stadt« gemacht worden sei. Außerdem sei die Finanzierung der Integration Ländersache. Folgerichtig erhielt Krüger für Ende April zunächst eine Gesprächseinladung von Sachsens Staatsregierung.