Frankreich: Schlamassel in der Schlüsselfrage

Kommunisten und Mélenchons Linksbewegung gehen getrennt in die Parlamentswahl

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Kommunistische Partei und Jean-Luc Mélenchons Bewegung La France insoumise (Das aufsässige Frankreich) gehen getrennt in die Parlamentswahl am 11. und 18. Juni.

Die Verhandlungen über eine Abstimmung ihrer Kandidaturen wurden am Dienstag wegen unüberbrückbarer Differenzen abgebrochen und beide Seiten stellen nun ihre Kandidaten unabhängig voneinander auf. Dabei wird sich vielerorts eine Konfrontation ergeben und damit sinkt in vielen Wahlkreisen für beide Seiten die Aussicht, dass sich einer ihrer Kandidaten durchsetzt. Im Ergebnis wird die bisher schon bescheidene Vertretung der Kommunisten und von Mélenchons Bewegung in der Nationalversammlung so zusammenschmelzen, dass sie nicht einmal eine Parlamentsgruppe bilden können. Dafür müssen mindestens 15 Abgeordnetensitze errungen werden und genau so viele hatte in der bisherigen Nationalversammlung die Linksfront aus Kommunisten und Mélenchons Partei der Linken - aber gemeinsam. Dagegen kann es die rechtsextreme Front National, die bisher nur zwei Abgeordnete aufzuweisen hatte, diesmal auf mehr als 50 Sitze bringen und sich dann im Parlament als die einzige bedeutsame Partei aufspielen, die in Opposition zu Macrons neoliberalen Reformen die Interessen der arbeitenden Franzosen verteidigt.

Der Nationalsekretär der Kommunistischen Partei, Pierre Laurent, bedauert das Scheitern der Gespräche und schätzt ein: »Wir wollten, dass sich die Hoffnungen erfüllen, die mit den im ersten Wahlgang für Jean-Luc Mélenchon abgegebenen 7,5 Millionen Wählerstimmen verbunden waren, und dass eine möglichst große Vertretung in der Nationalversammlung die Forderungen nach sozialem und ökologischem Fortschritt vortragen und die liberalen Projekte von Emmanuel Macron zurückweisen kann.« Doch die Vorstellungen auf beiden Seiten waren zu verschieden.

Jean-Luc Mélenchon, dessen Präsidentschaftskandidatur nicht zuletzt davon abgehangen hatte, dass kommunistische Mandatsträger einen Großteil der vom Gesetz vorgeschriebenen 500 Unterschriften leisten, und den die KP gemäß einer Mehrheitsentscheidung der Parteibasis im Wahlkampf unterstützt hat, stellte jetzt für die FKP inakzeptable Forderungen. Landesweit müssten alle Kandidaten, auf die sich beide Seiten einigen, unter einem einheitlichen Logo mit übereinstimmendem Programm auftreten. Der Wahlkampf sollte durch ein gemeinsames Budget finanziert werden und beide Seiten müssten mit allen Kräften dafür sorgen, dass möglichst viele Wähler vor Ort für diesen Kandidaten stimmen.

Diese Bedingungen fand die Kommunistische Partei »unausgewogen« und lehnte sie ab. Sie schlug dagegen vor, für das ganze Land Wahlkreis für Wahlkreis zu vereinbaren, wer von beiden Partnern dort den Kandidaten stellt und wer dafür seinen zurückzieht. Das sei »ohne politischen Zusammenhalt«, befand Mélenchon und lehnte seinerseits ab, ebenso wie eine von der KP in letzter Minute vorgeschlagene Minimalvariante des eigenen Vorschlags. Danach sollte man sich nun wenigstens in rund 15 wichtigen Wahlkreisen über den dort allein auftretenden Kandidaten einigen.

Dass die Bewegung La France insoumise gedroht hat, die kommunistischen Kandidaten vor Gericht zu bringen, die bereits Flugblätter hatten drucken lassen, auf denen im Hintergrund das Bild von Mélenchon zu sehen ist, »was den völlig falschen Eindruck erwecken muss, dass er sie unterstützt«, trug auch nicht gerade zur Beruhigung der Gemüter bei. »Jean-Luc Mélenchon ist so von der Dynamik seines Erfolgs bei der Präsidentschaftswahl, von den Chancen seiner Kandidaten und von seinen Aussichten als künftiger Oppositionsführer im Parlament und als einziger ernsthafter Gegenspieler von Macron überzeugt, dass er für kein Gegenargument erreichbar ist«, so ein Kommentator. Mélenchon selbst, der bei der Parlamentswahl 2012 im nordfranzösischen Hénin-Beaumont kandidierte und dort von Marine Le Pen haushoch geschlagen wurde, will diesmal in Marseille antreten. Dort hat er bei der Präsidentschaftswahl mit 24,8 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen sein landesweit bestes Wahlergebnis erzielt und Marine Le Pen hinter sich gelassen.

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