Bundesregierung erwägt Bundeswehrabzug aus Incirlik

Türkei verweigert erneut Besuchserlaubnis für Bundestagsabgeordnete / LINKE: Würdeloses Agieren der Bundesregierung »Preis für die geopolitisch geprägte deutsche Machtpolitik«

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die deutsch-türkischen Beziehungen werden erneut schwer belastet: Die türkische Regierung verweigerte abermals einen Besuch von Bundestagsabgeordneten bei deutschen Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Es sei »absolut inakzeptabel«, dass der vor Wochen angekündigte Besuch nun nicht möglich sei, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, am Montag in Berlin. Die Bundesregierung prüft nun einen Abzug der Bundeswehrsoldaten, die im Rahmen des internationalen Anti-IS-Einsatzes dort stationiert sind.

»In dieser Lage müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie es weitergeht«, sagte Schäfer. Der Vorsitzende des Verteidigungs-Ausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD), sprach bereits davon, dass die Bundeswehr jetzt von dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik abgezogen werde. »Die konkreten Vorbereitungen in Richtung einer Verlegung werden nun in Angriff genommen«, sagte Hellmich der Nachrichtenagentur AFP. Gegenüber der dpa sagte er: »Wir lassen uns nicht erpressen.«

Grüne und LINKE halten den Abzug für längst überfällig. Alexander Neu, Obmann der LINKE im Verteidigungsauschuss, forderte ebenfalls den Abzug aus Incirlik. Das wäre ein erster Schritt hin zu einer anderen Politik gegenüber der Türkei, sagte Obmann Alexander Neu der dpa. Bisher habe sich die Bundesregierung erpressbar gemacht. »Das würdelose Agieren der Bundesregierung ist der Preis für die geopolitisch geprägte deutsche Machtpolitik.«

Der CDU-Obmann Henning Otte äußerte sich etwas vorsichtiger: »Vor dem Hintergrund der fortgesetzten politischen Hindernisse, die mit der Stationierung in Incirlik verbunden sind, bitte ich die Verteidigungsministerin, mit höherer Dringlichkeit alternative Stationierungsorte in Betracht zu ziehen. Hier ist vorrangig Jordanien in Erwägung zu ziehen«, sagte er der dpa. Auch Otte betonte: »Wir lassen uns von der Türkei nicht erpressen.«

»Es muss selbstverständlich möglich sein, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages nach Incirlik reisen und dort die Truppe im Auslandseinsatz besuchen«, sagte der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert. Die Bundesregierung werde sich daher weiter bei der Regierung in Ankara darum bemühen, dass der Besuch stattfinden könne. Gleichzeitig werde die Bundesregierung aber »auch Alternativstandorte ins Auge fassen«, fügte Seibert hinzu.

Die türkische Regierung hatte das Auswärtige Amt am Samstag darüber informiert, dass die Abgeordneten den Stützpunkt nicht besuchen dürfen. Als Grund wurde die Asylgewährung für türkische Offiziere in Deutschland genannt.

Außenminister Sigmar Gabriel will sich nach Schäfers Angaben während seiner ab Mittwoch geplanten USA-Reise für eine Deeskalation des Streits einsetzen. Im Rahmen des Besuchs sind auch Gespräche der Anti-IS-Koalition geplant. Agenturen/nd

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