Konsequenter Umweltschutz sieht anders aus

Warum die Naturschutzorganisation »Robin Wood« gegen den »Gipfel der Umweltzerstörer« demonstrieren wird

  • Sven Schupp
  • Lesedauer: 6 Min.

Robin Wood ruft zur großen Bündnisdemo »Grenzenlose Solidarität statt G20« am 8. Juli in Hamburg auf - und das aus gutem Grund. Mit kreativen, gewaltfreien Aktionen zeigen wir immer wieder, womit wir nicht einverstanden sind. Das werden wir auch bei diesem Gipfel in Hamburg tun! Denn wenn sich die 19 »wichtigsten« Industrienationen treffen, werden wieder große Wörter benutzt und im Endeffekt wird wahrscheinlich nichts passieren. Deshalb ist es für uns als eine Aktionsgemeinschaft für Natur und Umwelt wichtig, während sich die großen Frauen und Männer sich in der Messe bereden, unsere eigenen Forderungen und Vorstellungen auf der Straße zu artikulieren. Wir wollen eine gerechte Welt ohne Ausbeutung von Mensch, Natur und Tier.

Die G20 sind für Umweltschutz allerdings die falschen Ansprechpartner. Diese Staaten sind nicht einmal in der Lage, ihre eigenen dürftigen Klimaziele von maximal 1,5 Grad Erderwärmung einzuhalten. Dafür müsste konsequent auf den Ausstieg aus der Produktion von Treibhausgasen hingearbeitet werden. Ist dies in Aussicht? Wir denken nicht! Die Staaten machen so weiter wie vor dem großen Klimagipfel. Die Stromgewinnung wird hauptsächlich durch fossile Brennstoffe gewährleistet und ein wirklicher Wandel ist nicht in Aussicht. Im Gegenteil werden in den USA unter Trump gerade die ersten Fortschritte wieder zerstört. Weltweit werden neue Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke gebaut. Um die dafür nötigen Rohstoffe zu gewinnen, werden Minen in den schützenswertesten Regionen der Welt wie dem Amazonas-Regenwald eröffnet oder immer gefährlichere Schürfungsmethoden, Stichwort Fracking, eingesetzt. Der Anstieg der CO2-Emmissionen ist das Resultat eines pervertierten Sinnes für Wachstum, welcher jegliche Grenzen der Logik verlassen hat und nur noch dem Selbsterhalt des globalen Kapitalismus dient.

Steigender Konsum, immer effizientere industrielle Landwirtschaft

Damit der weltweit erhöhte Konsum von Waren gewährleistet werden kann, wird die Produktion von Waren immer weiter erhöht und mit Mitteln durchgesetzt, die Umwelt, Natur und Menschen schaden. Beispielsweise wird durch den erhöhten Fleischkonsum weltweit immer mehr Futtermittel benötigt. Dort wo sich noch vor wenigen Jahren ein Urwald befand, sind heute endlose Flächen mit Soja-Monokulturen bepflanzt. Nach einigen Jahren sind die Böden dann unfruchtbar und es werden weitere Anbauflächen benötigt. Alleine für die deutsche Tierproduktion wird Soja auf einer Fläche so groß wie Hessen, Saarland, Hamburg, Berlin und Bremen zusammen angebaut.

Nicht nur durch das Futter wird in der industrialisierten Landwirtschaft die Natur ausgebeutet, auch die Fäkalien müssen, in Form von Gülle, irgendwo hin. Diese werden auf die Felder der landwirtschaftlichen Betriebe ausgefahren, was zu einem stark erhöhten Stickstoffgehalt im Boden geführt hat. Durch die Überlastung der Böden wandelt sich der Stickstoff in gesundheitsgefährdendes Nitrat im Wasser, zu Lachgas, das den Klimawandel anheizt, oder trägt zur Feinstaubbildung in der Luft bei. Die industrialisierte Landwirtschaft soll aber nach den G20 immer größer, einheitlicher und effizienter werden – die langfristigen Folgen werden einfach ausgeblendet.

Stilllegung aller Atomanlagen und Ausstieg aus fossiler Energie

Des Weiteren wird auch die internationale Atomlobby an diesen Julitagen vertreten sein. Die globalisierte Atomwirtschaft transportiert täglich radioaktives Material rund um den Globus, um die Atomkraftwerke mit Brennstoffen zu versorgen. Einer der Hauptumschlagplätze für den Handel mit radioaktivem Material ist der Hamburger Hafen. Durchschnittlich kommt ein Atomtransport alle zwei Tage. Das Material wird weiter transportiert, um zu Brennstäben verarbeitet zu werden. Schließlich wird es im AKW verwendet und endet letztendlich als Atommüll. Dabei gibt es immer noch keine sichere Lösung für das Atommüllproblem. Das reine Hin- und Hertransportieren von Atommüll soll nur den Anschein geben, dass die Verantwortlichen einen Plan haben, wie sie mit dem Atommüll verfahren sollen. Die weltweite Atomindustrie akzeptiert damit die andauernde Gefahr eines weiteren Super-GAUs und riskiert die Gesundheit von mehreren Millionen Menschen.

Robin Wood fordert die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit und den Ausstieg aus der Verstromung fossiler Brennstoffe. Durch (basis-)demokratische Entscheidungsprozesse sollen erneuerbare Energien gefördert und ausgebaut werden. Der Konsum von Gütern muss verringert werden und auf ein Niveau gesenkt werden, in dem die Produktion nicht mehr die Lebensgrundlage von Mensch und Tier zerstört.

Wir brauchen keine Politiker*innen, die uns vorgaukeln, die Lösung zur Verhinderung der Klimakatastrophe zu haben, doch im Endeffekt ihre Ziele jenen Wirtschaftszweigen anpassen, die einen Großteil zum Klimawandel beitragen. Um den Klimawandel effektiv zu verhindern, benötigt es eine konsequente Einschränkung des Wirtschaftswachstums. Umweltschutz ist und bleibt Handarbeit.

Sven Schupp ist aktiv bei Robin Wood.

Weitere Beiträge aus unserer nd-Reihe zum G20-Gipfel:

· »Hoffnung entsteht aus Rebellion« von Emily Laquer und Samuel Decker (Interventionistische Linke)

· »Fünf Gründe, in Hamburg gegen die G20 zu protestieren« von Werner Rätz (attac)

· ​»G20: Fight the Game, not the players« von TOP B3rlin

· »Frieden und Völkerrecht statt globalisierte NATO« von Karl-Heinz Peil (Bundesausschuss Friedensratschlag)

· »G20 fährt die Menschheit mit ›Wachstum‹ an die Wand« von NoG20-Klima-Aktivist*innen

· »Schuldenkrisen rechtzeitig und fair lösen« von Mara Liebal (erlassjahr.de)

· »Sturmgewehre und Sonderknast: Polizei rüstet für G20« von Ermittlungsausschuss Hamburg

· »Eine internationalistische Alternative am Hamburger Hafen« von Elio Di Muccio (Plan C, Birmingham)

· »Fragen der globalen Gesundheit: Abwehr oder Vorsorge?« von Anne Jung (medico international)

· »Gegen die Kriege, die sie führen. Den Frieden organisieren« vom Demokratischen Gesellschaftszentrum der Kurdinnen und Kurden in Deutschland

· »Gegen die kriegsfördernde Politik unserer Regierung« von Andreas Grünwald (Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung)

· »Wir werden bunt, laut und fröhlich demonstrieren« von Jan van Aken (Linksfraktion im Bundestag)

· »Die Wut auf den Gipfel« von radikale linke | berlin

· »Unflexible Hamburger Behörden« von Markus Mohr, Altautonomer

· »Die Revitalisierung der Gewerkschaftsbewegung« von Timo Reuter und Marvin Hopp (IG-Metall-Jugend)

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