46 Jahre Badeverbot enden

NRW: Nach über vier Jahrzehnten darf in Essen wieder in der Ruhr geschwommen werden

  • Lesedauer: 3 Min.

Essen. Nach über vier Jahrzehnten darf seit Dienstag in Essen wieder in der Ruhr gebadet werden. Am Baldeneysee, der aufgestauten Ruhr im Essener Süden, eröffnet die Stadt eine 50 Meter lange Badestelle für Schwimmer. Am gleichen Ort befand sich in früheren Zeiten bereits eine Badestelle. Ein Sprung in die Ruhr-Fluten verspricht echte Abkühlung: Am Montag lag die Wassertemperatur weiter flussaufwärts in Hattingen bei 19 Grad.

Baden in der Ruhr gehört zum Programm der »Grünen Hauptstadt Europas 2017«. Die EU-Kommission würdigt mit dem Titel die Anstrengungen der früher stark von der Kohle- und Stahlindustrie geprägten Stadt in Sachen umweltfreundliches Leben.

Das Badeverbot war in Essen 1971 wegen mangelnder Wasserqualität erlassen worden. Durch Modernisierung der Kläranlagen war das Wasser in den vergangenen Jahren aber immer sauberer geworden. Bei starken Regenfällen kann allerdings auch weiterhin ungeklärtes Wasser in die Ruhr gelangen. Ein Frühwarnsystem löst dann ein zeitweises Badeverbot aus.

Die bewachte Badestelle liegt auf dem privat betriebenen Freizeitgelände »Seaside Beach Baldeney«. Auf dem Areal befand sich von 1937 bis 1984 das Strandbad Baldeney. Bis zum Verbot war dort das Schwimmen in der Ruhr möglich. Die bis zu sechs Meter tiefe Badestelle ist 50 Meter lang. Drei Stege ragen jeweils 15 Meter in den See hinein. Die Stadt rechnet je nach Wetter mit 35 bis 50 Badetagen im Jahr. Mitglieder mehrerer Tauchvereine haben den Abschnitt in den vergangenen Wochen von Unrat befreit. Unter anderem holten sie Drahtgitterabfallkörbe, leere Fässer, Gerüststangen und eine alte Registrierkasse aus dem Wasser.

»Dass Baden in der Ruhr wieder denkbar ist, liegt vor allem an der verbesserten Klärtechnik«, sagte Markus Rüdel vom Ruhrverband, der die Klärwerke und Stauseen betreibt. So seien etwa Reinigungsbecken um das Vierfache vergrößert worden. Striktes Badeverbot gelte weiterhin abseits des kontrollierten Abschnitts. »Die hygienische Belastung eines Gewässers ist lokal durchaus unterschiedlich«, sagte Rüdel. Wer woanders bade, riskiere Durchfallerkrankungen und heftige Hautausschläge.

Zwar sei »die hygienische Situation der gesamten Ruhr ähnlich wie am Baldeneysee«, was die Einrichtung weiterer Badestellen möglich mache. Ungesicherte Uferabschnitte würden aber weitere Gefahren bergen. »Selbst gute Schwimmer können Strudel und Unterströme wie beispielsweise im Rhein nicht abschätzen«, so Rüdel. Ohne Überwachung durch einen Bademeister bestehe die akute Gefahr, zu ertrinken.

Bisher ist die Stelle am Baldeneysee die einzige an der Ruhr, an der wieder geschwommen werden darf. Konkrete Pläne, eine weitere Badestelle einzurichten, werden derzeit in Mülheim geschmiedet. dpa/nd

Zechen und Villen

Die Ruhr ist 219,3 Kilometer lang und hat ein Einzugsgebiet von 4485 Quadratkilometern. Ihren Ursprung hat sie im Rothaargebirge, am Ende fließt sie in den Rhein. Von der Ruhr bekam das Ruhrgebiet seinen Namen. Die Industrialisierung der Region nahm hier ihren Anfang, als der Fluss im 18. Jahrhundert zu einem schiffbaren Verkehrsweg ausgebaut wurde. Von besonderer Bedeutung war der Umstand, dass die Kohleflöze in der Region gerade in Flussnähe sehr nahe an der Oberfläche lagen. So wurden die ersten Zechen in der Nähe der Ruhr angelegt. Die Wasserqualität des Flusses liegt dank eines dichten Netzes von Kläranlagen, die durch den Ruhrverband gebaut und betrieben werden, heute wieder überwiegend in der Gewässergüteklasse II. Die Ruhr war schon früh Naherholungsgebiet und die Höhen über dem Fluss Wohngebiet wohlhabender Bürger. Alfred Krupp etwa ließ sich seine Villa Hügel 1873 auf den Anhöhen über der Ruhr im Essener Süden errichten. nd

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