Partyverbot nach dem vierten Pokalgewinn

Meisterfrauen des VfL Wolfsburg besiegen im DFB-Pokalfinale der Frauen den SC Sand mit 2:1

  • Andreas Morbach, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.

Almuth Schult hat eine kräftige Stimme, und die brachte die 26-Jährige nach dem gewonnenen Pokalfinale gegen den SC Sand auch zum Einsatz. Umzingelt von Werbetafeln, mit denen der DFB das Untergeschoss der Kölner Arena zugebaut hatte, sprach die Wolfsburger Torfrau ein bisschen über das stolze Triple der VfL-Kickerinnen: nach Meistertitel nun nationaler Cupgewinn und gelungenes Abschiedsgeschenk für Trainer Ralf Kellermann. Und auch als es um die seltsamen Begleiterscheinungen der jüngsten Wolfsburger Erfolge ging, dimmte die Olympiasiegerin von Rio ihr dröhnendes Organ nur minimal.

Weil die Männerabteilung des Klubs deutlich weniger triumphal durch die Saison marschiert ist als die Frauen, sondern am Montag in Braunschweig zum entscheidenden Relegationsspiel um den Bundesligaverbleib antritt, erteilten die Vereinsoberen den Meisterinnen und Pokalsiegerinnen Partyverbot. Noch bevor die mühsame Wiederholungstat gegen die tapferen Herausforderinnen aus der Ortenau - wie im Vorjahr besiegte die Kellermann-Elf das Team aus Sand - vollbracht war, hatte die Vereinsspitze die sonntäglichen Feierlichkeiten am Wolfsburger Rathaus gestrichen. Aus Rücksicht auf die prekäre Lage der Männer.

Anstatt die Freude über das Double vor dem Start in den Sommerurlaub voll auszukosten, sollen die Fußballerinnen sich erst vor dem Start in die neue Saison offiziell bejubeln lassen. »Verstehen muss man das nicht«, kommentierte Almuth Schult die schräge Vorgabe offenherzig - zog es anschließend aber vor, die verbale Handbremse zu ziehen. »Ich kann mich jetzt nur noch um Kopf und Kragen reden«, bat die Keeperin um Nachsicht, fragte rasch in die Runde: »Noch jemand?« Dann nahm sie ihre unterdrückte Wut mit in die Kabine.

Die verletzte Trainerseele ein wenig geöffnet hatte Ralf Kellermann am Tag vor dem Finale. Die Entscheidung habe ihn und seine Spielerinnen »hart getroffen«, betonte der 48-Jährige - und meinte damit vor allem die Art und Weise, wie der Beschluss kommuniziert worden war. »Die Mannschaft hat es zuerst aus den Medien erfahren. Das tut uns schon weh«, erklärte der Frauencoach. Am Wochenende biss er sich bei dem Thema dann spürbar auf die Zunge. »Wir feiern schon noch ein bisschen im Hotel«, erwähnte Kellermann kurz, ehe er das neue Programm für die nächsten Tage ankündigte.

Um 12 Uhr am Sonntag war Abfahrt aus Köln, für Montagabend planen Wolfsburgs Fußballerinnen nun einen gemeinsamen Fernsehabend in der Kabine. »Dann feuern wir die Männer an - und ich bin überzeugt, dass wir danach alle etwas feiern können«, sagte Kellermann, der sich nach neun Jahren in Doppelfunktion und neun Titeln ab der neuen Spielzeit auf den Job als Sportlicher Leiter bei den VfL-Frauen konzentrieren wird. »Wir freuen uns, dass wir ihm so einen Abschied verschafft haben. Am Ende war er zu Tränen gerührt, das wollten wir erreichen«, sagte Mittelfeldspielerin Alexandra Popp.

Dass die 26-Jährige den Siegeslauf ihres Teams beim Stand von 2:0 - beide Treffer erzielte die Dänin Pernille Harder per Kopf (65., 75. Minute) - mit einem Platzverweis (77.) wegen Vogelzeigen gegen die Schiedsrichterin unnötig in Gefahr brachte, passte ins bizarre Bild. Ebenso wie das harsche Urteil von Trainer Kellermann, der die erste Halbzeit seiner Elf als »die schwächste seit Monaten« bezeichnete. In der Nachspielzeit sah schließlich auch noch Wolfsburgs Sara Björk Gunnarsdottir die Gelb-Rote Karte (90.+5).

Vor den Wolfsburger Stadtvätern dürfen die Double-Gewinnerinnen nun in drei Monaten auflaufen, beim Startschuss für die neue Bundesligarunde am 2. September. »Daran können wir sowieso nichts ändern. Dass ein paar Verantwortliche hier waren und uns unterstützt haben - darüber freuen wir uns«, seufzte Torhüterin Schult etwas ratlos. Unterdessen hatten sich ihre männlichen Vereinskollegen über das Wochenende in ein Trainingslager ins beschauliche Städtchen Harsewinkel im Münsterland zurückgezogen, 235 Kilometer entfernt vom Wolfsburger Rathaus.

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