Bitcoin im Höhenflug

Debatte darüber, ob die etablierte Finanzwelt bei Digitalwährungen einsteigen wird

  • Lesedauer: 3 Min.

Bei Fidelity, einem der weltweit größten Investmentfondsanbieter, können die Mitarbeiter der Niederlassung in Boston ihr Mittagessen mit Bitcoins bezahlen. Das Unternehmen hat selbst in die Digitalwährung investiert und untersucht angesichts des jüngsten Höhenfluges mögliche Anwendungsbereiche. Alleine im Mai legte der Kurs zeitweilig um 80 Prozent zu und erreichte vergangene Woche den Rekordwert von rund 2760 Dollar.

»Bei Fidelity erkennen wir, wie die Weiterentwicklung der Technologie zu einschneidenden Veränderungen für unsere Branche führt«, erklärte Geschäftsführerin Abigail Johnson kürzlich bei der Bitcoin-Konferenz »Consensus« in New York. Die Einschätzung scheint sich zu bestätigen. Bitcoin und andere virtuelle Währungen haben mittlerweile einen Marktwert von 90 Milliarden Dollar, wie die Bitcoin-Plattform CoinDesk meldet.

Der jüngste Anstieg hat mehrere Gründe. So gab die Digital Currency Group, die mit digitalen Währungen handelt, kürzlich bekannt, dass 56 internationale Firmen und 83 Prozent der Bitcoin-Kontobesitzer das »Bitcoin Scaling Agreement« akzeptiert haben. Diese Vereinbarung hat zum Ziel, die Transparenz im Umgang mit der Kryptowährung zu erhöhen, um die Entwicklung weiterer Anwendungsmöglichkeiten zu initiieren.

»Das aktuelle Wirtschaftssystem für virtuelle Währungen steht an einem Wendepunkt«, heißt es in einer Erklärung der Digital Currency Group. »Wir können gar nicht genug betonen, wie wichtig es ist, eine stabile und sichere Infrastruktur für virtuelle Währungen zu schaffen, die zudem wachsen kann.«

Es gibt weitere kurstreibende Nachrichten: So erwägt die US-Börsenaufsicht Securities & Exchange Commission, Indexfonds auf Bitcoin zuzulassen. Dies wurde bei einer öffentlichen Anhörung Mitte Mai deutlich; eine Entscheidung wird in naher Zukunft erwartet. Darüber hinaus haben Händler eine Korrelation zwischen dem steilen Aufstieg des Bitcoin und dem Abwärtstrend der Märkte in Schanghai bemerkt. Daher wird vermutet, dass Anleger ihre Investitionen zugunsten der virtuellen Währung angepasst haben. »Der Bitcoin legt in weniger als zwei Monaten um 100 Prozent zu, Schanghai verliert im selben Zeitraum beinahe 9 Prozent, während die meisten anderen weltweiten Börsen steigen«, so der Geschäftsführer der Investmentfirma DoubleLine Capital, Jeffrey Gundlach, auf Twitter. »Das ist wahrscheinlich kein Zufall.«

Die Bitcoin-Befürworter fühlen sich dadurch ermutigt. »Ich habe erst vor wenigen Monaten mit mehreren Instituten gesprochen, und aus irgendwelchen Gründen waren viele skeptisch«, meint Yves Lamoureux, ein Investmentberater aus Montreal. »Jetzt, wo es steil nach oben geht, sind sie bereit, Bitcoins zu kaufen.«

Doch es gibt weiter skeptische Stimmen wie Fred Wilson von der Risikokapitalfirma Union Square Ventures. Bei einer Konferenz der Universität New York zur Zukunft von Währungen, die auf der Blockchain-Technologie basieren, erklärte er, er glaube nicht, dass sich der Bitcoin in der traditionellen Finanzwelt etablieren werde. Schon früher habe es heftige Auf- und Abwärtsbewegungen gegeben. »Ich versuche schon lange, Transaktionen mit Kryptowährungen durchzuführen. Es ist wirklich nicht besonders lohnend. Es wird noch eine lange Zeit dauern, bis die Menschen überhaupt verstehen, was eine Blockchain-Währung ist.« Und tatsächlich: In den letzten Tagen sackte der Bitcoin-Kurs auf 2217 Dollar ab.

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