Sektempfang mit Fingerfood

Feste feiern, wie sie fallen - BND beging 70 Jahre Abgeschiedenheit in Pullach

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Dr. Bruno Kahl freue sich auf Herrn X und Frau Y, behauptete die Einladung. Und wer der am Mittwochnachmittag gefolgt war, konnte nicht nur ihn, sondern auch die Grünen-Bürgermeisterin von Pullach im Isartal sowie den Landesvater Horst Seehofer (CSU) hören. Der Grund für das Zusammensein? 70 Jahre Nachrichtendienst in Pullach.

Die Formulierung macht stutzig, denn der BND wurde erst 1956 gegründet und der Dienst hat gerade in den vergangenen Jahren versucht, mehr Abstand zu der Zeit davor zu gewinnen. Denn dass sich in der ehemaligen Nazi-Siedlung Pullach alte Kämpfer vor allem aus der Wehrmacht, der Gestapo und diversen SS-Verbrecher-Gliederungen um den Geheimdienstgeneral Reinhard Gehlen sammelten, sollte ja nicht mehr die Tradition bestimmen. Und so hat sich André Hahn, der für die Linksfraktion im parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste sitzt, arg über die Einladung »ohne erkennbare Distanzierung von der Organisation Gehlen« gewundert. Doch Klaus Dieter Fritsche, der im Kanzleramt für die Geheimdienstkoordinierung verantwortlich ist, versuchte den Abgeordneten zu beruhigen. Er verwies darauf, dass sich ja eine unabhängige Historikerkommission bereits seit 2011 durch die geheimen Archive arbeitet. Das stimmt, richtig ist auch, dass die Experten relativ viel von dem, was da noch zu finden ist, öffentlich machen. Doch zu einer größeren Sensibilisierung im Dienst scheint das - siehe Festveranstaltung - nicht geführt zu haben. Die übrigens kostete den Steuerzahler - nebst Reisekosten von 13 600 Euro - 15 000 Euro für den Sektempfang mit Fingerfood. Die Summe ist freilich nur geschätzt, denn abgerechnet wird zum Schluss.

Das gilt auch für den Bau der neuen BND-Zentrale in Berlin und den Umzug aus Pullach. Und dann dürften die Steuerzahler, die dem deutschen Auslandsgeheimdienst in diesem Jahr 807 Millionen Euro »spendieren«, sicher etwas grimmiger schauen. Denn mit dem BND-Neubau verhält es sich ähnlich wie mit dem Flughafen BER. Noch nicht fertig, ist das rund 35 Fußballfelder große Areal in Berlin-Mitte schon viel zu klein.

Das kam durch eine Nachfrage der Abgeordneten Gesine Lötzsch heraus. Die Chefin des Bundestag-Haushaltsausschusses wollte eigentlich wissen, wie hoch der Kaufpreis für das Berliner Bürogebäude ist, in das das Bundeskriminalamt (BKA) einziehen soll. Noch sitzt in der Puschkinstraße 59 der Energieriese Vattenfall, doch für nicht einmal 200 Millionen Euro wird da bald die oberste deutsche Kriminalpolizeibehörde eine Dependance beziehen.

Da wundert sich der Berliner, denn gleich nebenan steht eine von Preußen geerbte ehemalige DDR-Grenzerkaserne, in der unter anderem das Gemeinsame Terror-Abwehrzentrum (GTAZ) residiert. Augenscheinlich ist da noch viel Platz. Doch weit gefehlt, den benötigt zumindest »kurzfristig provisorisch« das Bundesamt für Verfassungsschutz, dessen Personalbedarf offenbar gigantisch steigt. Und was ist mit der alte Kaserne in Berlin-Lichterfelde, die der BND bislang als Berliner Außenstelle nutzt? Das für Bundesimmobilien zuständige Finanzministerium teilte Lötzsch mit, dass auch die nicht zur Verfügung stehe, »da der BND beabsichtigt, diese Liegenschaft weiter zu nutzen«- Offenbar staut sich im Geheimdienstmetier viel Arbeit für den Bundesrechnungshof.

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