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NRW soll Gründerland werden

Erste schwarz-gelbe Koalitionsvorhaben / AfD im Landtag ohne Präsidentenposten

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Donnerstagnachmittag konstituierte sich der neue nordrhein-westfälische Landtag. Erstmals dabei war die AfD, die am rechten Rand des Parlamentes Platz nehmen darf. Geführt wird die Fraktion in NRW von Marcus Pretzell, dem Ehemann von AfD-Bundeschefin Frauke Petry, die mit ihrem wenige Wochen alten Sohn auf der Zuschauertribüne saß. Pretzell war es auch, der als erster Abgeordneter im Landtag sprach. Nachdem Norbert Römer, von der SPD, in seiner Funktion als Alterspräsident die Abgeordneten begrüßt hatte, stellte Pretzell einen Änderungsantrag. Er wollte den Antrag zur Geschäftsordnung, den die vier anderen Fraktionen gestellt hatten, ändern. Die Parlamentarier sollten sich nach dem Willen Pretzells nicht nur dem »Wohle des Landes NRW« sondern auch dem »deutschen Volk« gegenüber verpflichten. Die neue Verpflichtungsformel wurde im Rahmen einer Verfassungsreform im vergangenen Jahr beschlossen. Die Grünen bezeichneten sie damals als wichtiges »integrationspolitisches Signal«.

Die AfD scheiterte mit ihrem Antrag, genauso mit zwei weiteren. Sie wollte die Zahl der Landtagsvizepräsidenten auf zwei begrenzen oder auf vier aufstocken. Die restlichen Parteien hatten sich auf drei Vizepräsidenten geeinigt, um der AfD den Posten nicht zur Verfügung zu stellen. Als es um den Platz des dritten Vizepräsidenten ging, ließ die AfD einen eigenen Kandidaten gegen den Grünen Oliver Keymis antreten. Keymis wurde mit großer Mehrheit gewählt, allerdings stimmten 19 Abgeordnete für seinen rechtspopulistischen Gegenkandidaten von der AfD. Es gibt also in den übrigen Fraktionen Abgeordnete, die von ihrer Fraktion abweichend stimmten.

Armin Laschet (CDU) und Christian Lindner (FDP) werden das ganz genau zur Kenntnis genommen haben. CDU und FDP haben nur eine Stimme Mehrheit. Wenn Armin Laschet, vermutlich im Juli, zum Ministerpräsidenten gewählt werden soll, ist ein geschlossenes Abstimmungsverhalten notwendig.

Um in Sachen Regierung voranzukommen, haben sich CDU und FDP in der vergangenen Woche auch wieder zu Koalitionsverhandlungen getroffen. 13 Arbeitsgruppen wurden gegründet. Am Mittwoch wurden erste Ergebnisse verkündet. Künftig soll das Fach Wirtschaft in NRW an allen weiterführenden Schulen unterrichtet werden. Dabei knüpfen die Parteien an einen Modelversuch an, den es unter der letzten schwarz-gelben Regierung von 2005 bis 2010 gab. Um den Mangel an Berufsschullehrern zu beseitigen, wollen die beiden Parteien Quereinsteigern den Zugang erleichtern. Schwerpunkt der bisherigen Ergebnisse sind aber die wirtschaftspolitischen Pläne der künftigen NRW-Regierung. Deshalb hatte man sich auch am »Coworking-Space« und Gründerzentrum »Startplatz« in Düsseldorf getroffen.

NRW soll das »gründerfreundlichste Land in Deutschland werden« so Joachim Stamp von der FDP. Den Parteien schwebt ein erstes »bürokratiefreies Jahr« nach der Selbstständigkeit vor. Gründer- und Exzelenzzentren für Start-Up-Unternehmen sollen im Land verteilt geschaffen werden. Außerdem will man ein Gründerstipendium einführen. 1000 Unternehmensgründer sollen für ein Jahr 1000 Euro im Monat bekommen.

Einige Unklarheiten und Streitpunkte gibt es allerdings auch noch. Die FDP plädiert beispielsweise für die Wiedereinführung von Studiengebühren. Die CDU ist dagegen. Für Armin Laschet, der Ministerpräsident werden soll, gibt es da aber keine großen »Knackpunkte«, es gehe vor allem darum, die Universitäten besser zu finanzieren. In der kommenden Woche wollen die beiden Parteien über die Themen Bau, Verkehr und Infrastruktur sprechen. Große Auseinandersetzungen sind dabei nicht zu erwarten. Bei anderen Themen mangelt es noch an öffentlichen Statements der beiden Parteien. In Fragen der inneren Sicherheit ist man teilweise weit auseinander, zum Beispiel wenn es um Videoüberwachung oder die Schleierfahndung geht. Christian Lindner will nicht, dass die FDP zu viele Zugeständnisse macht. Die Koalitionsverhandlungen scheitern lassen kann er allerdings auch nicht. Das würde seiner persönlichen Erfolgsgeschichte auf dem Weg in den Bundestag schaden.

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