nd-aktuell.de / 07.06.2017 / Politik / Seite 7

Ghani macht den Taliban ein Angebot

Afghanistans Präsident will Friedensgespräche einleiten

Emal Haidary, Kabul

Afghanistans Präsident Aschraf Ghani hat den radikalislamischen Taliban ein Ultimatum für Friedensgespräche gestellt. »Wir bieten eine Chance auf einen Frieden, aber das ist kein unbefristetes Angebot«, sagte Ghani am Dienstag bei einer internationalen Friedenskonferenz in Kabul. Zugleich korrigierte der Präsident die Opferzahl des Anschlags im Kabuler Diplomatenviertel deutlich nach oben. Mehr als 150 Menschen seien am vergangenen Mittwoch getötet worden.

»Dies ist die letzte Chance, ergreift sie oder tragt die Konsequenzen«, sagte Ghani an die Taliban gerichtet. Er bot den Extremisten an, ein Verbindungsbüro zu eröffnen. Mit Blick auf Ort und Zeitpunkt möglicher Friedensgespräche zeigte sich Ghani flexibel.

Die Konferenz in Kabul fand nach der jüngsten Gewaltwelle in Kabul unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. An den Beratungen nahmen Vertreter aus rund zwei Dutzend Staaten teil, darunter neben den USA auch Indien, China sowie Pakistan, dem Kabul seit langer Zeit Unterstützung der Taliban vorwirft. Versuche, die Taliban zurück an den Tisch zu holen, waren bislang erfolglos. Direktgespräche zwischen Kabul und den Islamisten waren im Sommer 2015 nach dem Tod des langjährigen Talibanführers Mullah Omar abgebrochen worden.

Die Taliban äußerten sich am Dienstag zunächst nicht zu Ghanis Forderungen. Während der Konferenz feuerten die Extremisten eine Rakete ab, die nach ihren Angaben das NATO-Hauptquartier in Kabul treffen sollte. Das Geschoss schlug aber in der Residenz des indischen Botschafters ein, ohne dass es Verletzte gab.

Ghani steht wegen der prekären Sicherheitslage in Afghanistan zunehmend in der Kritik. Am vorigen Mittwoch hatte sich ein Selbstmordattentäter mit einem mit 1500 Kilogramm Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im hoch gesicherten Diplomatenviertel in Kabul gesprengt. Dabei wurden mehr als 150 Menschen getötet, sagte Ghani am Dienstag zum Auftakt der Konferenz. Über 300 weitere seien schwer verletzt worden. Es war die tödlichste Attacke in Kabul seit 2001. Bislang hatten die afghanischen Behörden von 90 Toten gesprochen. Die afghanische Regierung machte das mit den Taliban verbündete Hakkani-Netzwerk für den Anschlag verantwortlich, bei dem auch die deutsche Botschaft erheblich beschädigt wurde. AFP