Kicken auf dem Kilimandscharo

Fußballerinnen zweier internationaler Teams wollen auf knapp 5800 Meter für Frauenrechte und gegen Diskriminierung spielen

  • Ulli Brünger, Bochum
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Idee scheint verrückt, doch Petra Landers kann das nicht abschrecken. Die ehemalige deutsche Fußball-Nationalspielerin zögerte keine Sekunde, als sie Ende Januar das Angebot bekam, Teil des wohl ambitioniertesten Projekts im Frauenfußball zu sein, das es je gab. »Ich habe sofort zugesagt, weil es für eine gute Sache ist«, sagt die 55-jährige Bochumerin.

Gemeinsam mit 30 Fußballerinnen aus 20 Ländern, von Afghanistan über Libanon bis USA, wagt Landers einen Weltrekordversuch, der auch einen Eintrag ins Guinness-Buch bringen soll: Auf dem höchsten und Berg Afrikas, dem 5895 Meter hohen Kilimandscharo, wollen zwei Frauenteams ein Spiel über 90 Minuten austragen.

Die Initiative »Equal Playing Field« (EPF), die sich weltweit für die Gleichstellung und Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen im Sport, insbesondere im Fußball einsetzt, hat das Projekt auf den Weg gebracht. Organisationen wie »Discover Football« oder »Football for Peace« unterstützten das Projekt, das ein Zeichen gegen Diskriminierung von Mädchen und Frauen im Fußballsetzen will.

Nie zuvor gab es ein Match in so großer Höhe, weder bei Frauen noch bei Männern. »Wir spielen etwas unterhalb des Gipfels, auf 5730 Metern. Einen Fußballplatz gibt es da oben natürlich nicht. Den müssen wir selbst bauen, auf Sand«, erklärt Landers.

An diesem Mittwoch bricht die Europameisterin von 1989 auf zu ihrem Abenteuer in Tansania. Vier Tage später soll der Aufstieg zum Gipfel beginnen. »Sechs bis sieben Tage soll der dauern. Wir gehen langsam, um uns allmählich an die dünne Luft zu gewöhnen«, sagt Landers, der kurz vor der Mission doch etwas mulmig wird.

Landers war in ihrem Leben noch nie in den Bergen, nun will sie gleich ganz hoch hinaus. Doch vor dem Kilimandscharo musste erst mal der Tippelsberg im Bochumer Norden bezwungen werden. Mehr als drei Monate bereitete sie sich mit Unterstützung einer Sportärztin akribisch auf das waghalsige Unterfangen vor. Auf der begrünten ehemaligen Bauschutthalde entstand vor Jahren ein Naherholungsgebiet mit Aussichtsfläche und Rundumblick über das ganze Ruhrgebiet - 150 Meter über Meereshöhe. Dort rannte die 55-Jährige fast täglich Treppen und Wege rauf und runter. Auch die Höhenkammer nutzte sie, um die Verhältnisse vor Ort zu simulieren.

Abgesehen von der Fotografin Dana Rösiger ist Landers die einzige Deutsche im Tross - und die älteste Spielerin. Zur Crew gehören auch ein Filmteam, Ärzte und erfahrene Bergsteiger. Die geplante Filmdokumentation soll später dazu beitragen, das Projekt zu refinanzieren.

Landers, die in einer Kindertagespflege-Einrichtung arbeitet, erhält von offizieller Seite keinerlei Unterstützung. Weder von der Stadt Bochum noch vom Deutschen Fußball-Bund (DFB). Beim Verband hat sie wegen einer Schiedsrichterin für das Gipfelduell angefragt, aber einen Korb bekommen. Immerhin kamen knapp 2000 Euro an Spenden zusammen. »Das hilft. Ich schätze aber, dass die Reise knapp 4500 Euro kosten wird.«

EPF-Organisatorin Laura Youngson hofft, dass die Aktion Aufmerksamkeit für die Probleme schafft, die Mädchen besonders in Ländern der Dritten Welt noch immer haben: »Sport schafft Freundschaft und Gemeinschaft, verlangt Engagement und fördert das Selbstvertrauen, die Stärke und Gesundheit. Kein Mädchen auf dieser Welt sollte wegen ihres Geschlechts um diese Vorteile gebracht werden«, so Youngson.

Gerade deshalb engagiert sich auch Landers seit Jahren in Sambia für den weiblichen Fußballnachwuchs. Ihr Traum ist es, dort eine eigene Fußballschule aufzubauen. Doch zuvor wartet im wahrsten Sinne des Wortes noch ein Höhepunkt ihrer Fußballkarriere. dpa/nd

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