Tagebau säuft am meisten und zahlt keine Zeche

Umweltorganisationen protestieren gegen die weitere Befreiung der Braunkohleindustrie vom »Wasserpfennig«

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch im Zuge der erneuten Novellierung des brandenburgischen Wassergesetztes bleibt die Braunkohleindustrie vom »Wasserpfennig« praktisch befreit. Das erzürnt die Umweltverbände. Parallel zur Sitzung des Umweltausschusses protestierten am Mittwoch vor dem Landtag der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und Greenpeace gegen diese Bevorzugung.

BUND-Landesgeschäftsführer Axel Kruschat sagte, es sei »absurd«, den größten Wasserverbraucher des Bundeslandes nicht angemessen an den Kosten zu beteiligen. Als sich 2009 die rot-rote Landesregierung gebildet habe, hegten Umweltschützer diesbezüglich hohe Erwartungen, erinnerte Kruschat. Doch sei nichts weiter geschehen, als dass die Abgabe der Braunkohleindustrie von 800 000 Euro auf 1,4 Millionen bis zwei Millionen Euro geringfügig angehoben worden sei. Tatsächlich müsste die Lausitzer Energie AG (LEAG) aber 22 Millionen Euro zahlen, wenn sie so behandelt werden würde wie jeder andere Wassernutzer auch.

Nach Berechnungen des BUND pumpt die LEAG jährlich die unfassbare Menge von 230 Millionen Kubikmetern Grundwasser ab, um in den Tagebauen an die Braunkohle heranzugelangen. Dafür müsse sie faktisch nichts bezahlen, heißt es. Alle übrigen Wasserverbraucher zusammen benötigen 196 Millionen Kubikmeter - und entrichten dafür insgesamt 20 Millionen Euro Nutzungsgebühr. Das Land könnte durch eine Gleichbehandlung seine Einnahmen an dieser Stelle also mehr als verdoppeln.

Unverständlich ist die Zurückhaltung des Landes aus Kruschats Sicht einmal mehr, weil derzeit eine hohe Sulfatbelastung nachgewiesen worden sei, die den Spreewald bedrohe. Um das zu »reparieren«, fehle das Geld. Um so dringender wäre es, den Verursacher per Wasserentgelt für die Schäden aufkommen zu lassen. Gefährlich ist die bislang betriebene Politik nach Ansicht der Umweltschützer auch deshalb, weil Brandenburg »ein Wasserproblem bekommen wird«, wie Kruschat es formulierte. Zwar würden die Prognosen nicht von weniger Regenwasser ausgehen, aber doch von sehr ungleichmäßig verteiltem Niederschlag, der sich häufiger als Sturzregen ergießen werde.

Unterstützt wird das Anliegen der Umweltorganisationen von den Grünen. Diese stellten einen Änderungsantrag zur Gesetzesnovelle der rot-roten Koalition. In dem Änderungsantrag fordern die Grünen die Abschaffung der finanziellen Privilegien der Braunkohlewirtschaft bei der Wasserentnahme. Dem Abgeordneten Benjamin Raschke (Grüne) zufolge entgehen dem Landeshaushalt durch die indirekte »Subventionierung des Braunkohletagebaus« im Wassergesetz derzeit jährlich bis zu 21,2 Millionen Euro. »Gleichzeitig werden die Bergbaufolgekosten durch Verockerung und Sulfatbelastung der Spree und anderer Fließgewässer primär dem Steuerzahler aufgebürdet«, rügt Raschke.

Die rot-rote Koalition hat sich auf eine Änderung des Wassergesetzes geeinigt, wonach künftig jeder Anlieger Mitglied des jeweiligen Wasser- und Bodenverbands werden kann. Die Stimmhoheit im Verband soll aber die öffentliche Hand behalten. Die Koalition will den Verbänden zudem erlauben, die Beiträge für die Unterhaltung von Gewässern stärker zu differenzieren: Waldflächen werden etwa privilegiert, Beiträge können je nach Nutzung des Grundstücks erhoben werden. »Wir ermöglichen erstmals eine vorteils- und verursachergerechte Umlage der Kosten«, sagt der SPD-Abgeordnete Wolfgang Roick.

Das Forum Natur Brandenburg, der Städte- und Gemeindebund sowie der Landeswasserverbandstag haben sich zu den Bestimmungen des Gesetzesentwurfes positiv geäußert. »Die Kosten werden viel niedriger sein, als von allen Beteiligten angenommen«, meint Rüdiger Müller, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg.

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