Pompöse Show für fünf Euro

Der Friedrichstadt-Palast bietet ab Juli Eintrittskarten für einen fairen Preis an

  • Lesedauer: 3 Min.

Was genau ist das Konzept hinter PalastFürAlle?

Die Idee war folgende: Es gibt bereits eine Menge Angebote, die den Zugang zu Kultur erleichtern sollen. Es gibt den Berlinpass, den der Senat auf Antrag ausstellt, mit dem man für drei Euro an Kulturtickets kommt. Zusätzlich gibt der Friedrichstadt-Palast im Jahr fast 20 000 sogenannte Charity-Tickets an soziale Einrichtungen aus. Aber es gibt eben genug Menschen in dieser Stadt, die zu wenig zum Leben haben, aber zu viel für diese Antragsleistungen verdienen. Für die ist das Angebot gedacht. Sie sollen sich auch mal einen schönen Abend gönnen dürfen.

Wie genau funktioniert PalastFürAlle«?

Wer sich dafür interessiert, kann sich bei uns auf der Homepage in ein Formular eintragen. Dort muss dann versichert werden, dass man sich tatsächlich kein Ticket für den normalen Preis leisten kann oder nicht den Berlinpass besitzt. Wir prüfen die Angaben nicht. Und dann geben wir 14-tägig oder alle vier Wochen ein bestimmtes Kontingent, 50 bis 100 Tickets, für fünf Euro aus, maximal vier pro Person und Produktion. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Und die Tickets sind dann auch nicht für die Vorstellungen dienstags um 19.30 Uhr in der allerletzten Reihe?

Nein, wir wollen durchaus auch Kontingente für die Samstagsabendshows freigeben. Damit die Menschen, die Kinder haben, sich um eine Betreuung kümmern und mal einen netten ›Elternabend‹ verbringen können. Es wird aber auch Tickets für die Kindervorstellungen geben. Das ganze Programm ist bei dem Projekt gemeint. Allerdings werden wir wahrscheinlich niemanden, oder kaum jemanden, in die erste Reihe setzen. Ein wenig Balance sollte schon gewahrt bleiben gegenüber denen, die sich für 19,80 Euro ein normales Ticket kaufen und wahrscheinlich auch nicht über alle Maße gut verdienen.

Wie gewährleisten Sie Anonymität?

Das ist eine schwierige Frage. Aber: Man muss bei uns nun mal keine Bedürftigkeit nachweisen, insofern ist das Empfinden dazu auch eher subjektiv. Auf den Tickets wird PalastFürAlle stehen, das ist alles. Keiner bekommt grüne oder orange Karten in die Hand.

Und wenn die Tickets bei Ebay landen?

Jedes Ticket wird mit Namen ausgestellt und wir werden beim Einlass Stichproben machen. Die Idee ist ja, dass wir Menschen eine gute Zeit ermöglichen. Wir gehen an das Projekt nicht mit der Angst heran, dass uns 90 Prozent über den Tisch ziehen wollen. Wenn man so denkt, müsste man es gleich wieder lassen.

Wie kamen Sie auf die Idee zu dem Projekt und soll es auch andere Häuser animieren?

Ob die ›seriösen‹ Häuser etwas vom Friedrichstadt-Palast übernehmen wollen, wird man sehen, warum nicht? Die Idee ist uns gekommen, als wir von einem ähnlichen Projekt beim Miniatur-Wunderland in Hamburg hörten, die auch niemanden einer Bedürftigkeitsprüfung unterziehen, sondern an das Gute glauben. Auch die Überlegung des neuen Kultursenators Klaus Lederer, Museen auch mal kostenlos zu öffnen, hat uns angeregt.

Ist das Projekt zeitlich begrenzt? Die Hochsaison beginnt bei Ihnen ja erst im Winter, dann sieht es mit freien Kontingenten wohl knapp aus.

Nein. Bis Oktober wollen wir eine erste Evaluation machen. Sollten wir zwischenzeitlich merken, dass uns das aus dem Ruder läuft, weil auf einmal doch mit den Karten Handel getrieben oder das Angebot sonst wie ausgenutzt wird, dann müssen wir gegebenenfalls gegensteuern. Aber es ist als dauerhaftes Projekt gedacht.

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