nd-aktuell.de / 21.06.2017 / Sport / Seite 19

Das erste Geschenk der zweiten Reihe

Confed Cup: Zum Auftakt gelingt Joachim Löws B-Elf ein 3:2 gegen Australien

Jirka Grahl, Sotschi

Ziemlich genau so wie den 3:2-Sieg gegen Australien hatte sich Joachim Löw den ersten Auftritt seiner B-Elf in Russland wohl vorgestellt: »Mit dieser neuen Mannschaft haben einige Ansätze sehr gut geklappt«, befand der Bundestrainer am Montagabend nach dem Auftaktsieg im Fischtstadion von Sotschi. Noch am Sonntag hatte Joachim Löw im Plauderton erzählt, dass dieser Wettstreit der Kontinentalmeister ein »Geschenk« für ihn sei: Wo sonst kann man die zweite Garde ausführlich unter Turnierbedingungen testen, wenn nicht beim Confederations Cup?

Was die Deutschen am Montag auf dem Rasen von Sotschi veranstalteten, sah dabei zeitweise aus wie Training. Leicht und locker ließen die Deutschen den Ball durch die Reihen laufen, um ihn dann im rechten Moment schnell nach vorne durchzustecken, auf Sandro Wagner, Julian Brandt oder den stark aufspielenden Schalker Leon Goretzka. Schon nach fünf Minuten traf Lars Stindl mit einem überlegten Schuss zum 1:0, nachdem ihn Julian Brandt von rechts schlau bedient hatte. Kapitän Julian Draxler mit einem Foulelfmeter (44.) und Leon Goretzka gleich nach der Pause (48.) besorgten die weiteren Treffer. Vor allem in der ersten Halbzeit hätten die Deutschen jedoch noch mehr aus ihren Chancen machen müssen.

Nach zwei Fehlgriffen von Torwart Bernd Leno kamen die Australier indes zwischendurch immer wieder in Spiel zurück. Der Leverkusener Torwart konnte in der 40. Minute einen harten Volleyschuss von Tommy Rogic nicht parieren, woraus das zwischenzeitliche 1:1 resultierte. Und beim Abstauber von Tomi Juric zum 2:3 hatte er zuvor den Ball abprallen lassen. »Den zweiten Ball hätte er schon festhalten können«, befand Joachim Löw später, nahm seine Nummer eins aber in Schutz. »Bernd Leno ist weiterhin ein sehr guter Torwart.«

Für den Abend allerdings hatten die Gegentreffer ihr Gutes, denn bei den Toren der Australier erwachte die Eröffnungsarena der Olympischen Spiele 2014 zumindest für kurze Momente einmal aus der eigenartigen Apathie. Nur 28 000 Zuschauer hatten sich vom Spiel der DFB-Auswahl II gegen Australien ins Fischtstadion locken lassen, eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung, zumal die 400 000-Einwohner-Stadt selbst keinerlei Fußballtradition hat. Sotschi hat keinen Erstligaklub, das Fischtstadion wird fast nie für Fußballspiele genutzt.

Die Stille in der halb vollen Arena hatte zumindest einen gewissen Reiz: All die Rufe, mit denen sich die Spieler auf dem Rasen verständigen, waren für die Zuschauer gut zu hören. Für Traditionalisten vielleicht ein Genuss, für den gewöhnlichen Stadionbesucher allerdings gewöhnungsbedürftig. Wer wollte, hatte Zeit für eigene Gedanken, beispielsweise über den Trauerflor an den Armen der DFB-Spieler: Gedenken an Helmut Kohl, ausgerechnet hier im Kaukasus, wo der Pfälzer einst in Strickjacke Michail Gorbatschow von der Deutschen Einheit zu überzeugen wusste.

Und auch wenn das Match von Sotschi kein »Wunder vom Kaukasus« war: Die deutschen Spieler wollten sich den Erfolg nicht kleinreden lassen. Torschütze Lars Stindl nannte die Atmosphäre im Stadion »okay«, auch Stürmer Sandro Wagner fand, die Zuschauer hätten »gut Stimmung« gemacht.
Noch in der Nacht stieg die Mannschaft in den Flieger nach Kasan, wo es am Donnerstag gegen Chile geht. Dabei ist das Spiel gegen den Südamerikameister, der zum Auftakt gegen Kamerun 2:0 gewonnen hatte, das Duell um den Gruppensieg. »Das wird ein Spiel auf einem anderen Level«, prophezeite Löw.