Dramatische Mängel an Schulen

Rechnungshof fordert vom Senat ein systematisches Instandhaltungsmanagement

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

»Der Patient Berlin ist auf dem Wege der Besserung aber noch längst nicht gesund.« Wenn man diese Einschätzung von Rechnungshofpräsidentin Marion Claßen-Beblo, die sich auf die wirtschaftliche Entwicklung der Hauptstadt vor dem Hintergrund einer weiterhin extrem hohen Verschuldung bezieht, auf den Bildungsbereich projiziert, entstünde ein schiefes Bild. Denn um ein Großteil der 627 Berliner Schulen mit ihren fast 1600 Gebäuden steht es schlecht.

Im Jahresbericht 2017 des Landesrechnungshofes, den Claßen-Beblo am Mittwoch im Abgeordnetenhaus präsentierte, ist von einem »dramatischen Sanierungsbedarf bei den Schulen« die Rede. Auf mindestens vier Milliarden Euro beziffert das Kontrollgremium das Defizit, das sich in den vergangenen Jahren ungeachtet des für den Zeitraum 2009 bis 2014 unter anderem aufgelegten Schulanlagensanierungsprogramms angehäuft hat. Allein den akuten Bedarf bezifferte die Präsidentin auf 1,25 Milliarden Euro. Als Gründe für das weitere Anwachsen der Mängel nannte sie unter anderem die gesplittete Finanzierung der Instandhaltungsaufgaben aus den Bezirkshaushalten und zahlreichen Sonderprogrammen des Senats sowie das Fehlen eines umfassenden Gebäudemanagements.

»Dem zunehmenden Verfall der Schulinfrastruktur in Berlin muss umgehend wirksam begegnet werden«, forderte Claßen-Beblo. Die Erhöhung der Mittel für die bauliche Unterhaltung in den Bezirken und die Bereitstellung von weiteren rund 830 Millionen Euro in diesem Jahr sowie die Bereitstellung von insgesamt 5,5 Milliarden Euro für den Bau und die Sanierung von Schulen in den nächsten zehn Jahren seien wichtige Schritte zur Ertüchtigung der Schulinfrastruktur. Für dringend erforderlich halte der Rechnungshof die umgehende Einführung eines systematischen Instandhaltungsmanagements.

Generell kritisch betrachtet der Rechnungshof den Umgang mit der anhaltend hohen Verschuldung Berlin. »Der Schuldenstand Berlins ist mit fast 60 Milliarden Euro noch immer deutlich zu hoch - auch im Ländervergleich«, wird in dem Jahresbericht konstatiert. Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 16 800 Euro liege Berlin auf Rang drei im Bund. Die hohen Schulden bescherten Berlin trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase eine jährliche Zinslast von fast 1,4 Milliarden Euro. Mit der gesetzlich festgelegten Mindesttilgung in Höhe von lediglich 80 Millionen Euro sei das Ziel, den Schuldenstand bis 2020 auf rund 59,3 Milliarden Euro zu verringern, nicht zu erreichen, er könne so tendenziell sogar steigen. Für einen auf längere Sicht »gesunden« Haushalt seien auch Sicht der Finanzaufsichtsbehörde eine stärkere gezielte Investitionstätigkeit, eine kontinuierliche spürbare Schuldentilgung und die Bildung einer Nachhaltigkeitsreserve als Vorsorge nötig.

Der Rechnungshof forderte den Senat auf, wie andere Bundesländer eine Schuldenbremse - die Schuldenregel des Grundgesetzes - in die Landesverfassung aufzunehmen. Zu Augenmaß riet das Gremium bei der »Übertragung staatlicher Aufgaben und deren Finanzierung auf landeseigene Unternehmen mit eigener Kreditermächtigung«, wie etwa bei Schulen und Krankenhäusern.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal