Hellas wird cannabisiert

In Albanien und Griechenland boomt der Anbau von Marihuana

  • Alexia Angelopoulou und Takis Tsafos
  • Lesedauer: 3 Min.

James Bond ist nichts dagegen: Mit Hochgeschwindigkeit jagt ein leistungsstarkes Motorboot über die Wellen. Nur wenige Meter darüber fliegt ein Polizeihubschrauber. Die Beamten schießen aus der Luft vor den Bug des Bootes, doch die Schmuggler lassen sich davon nicht beirren. Erst als auch ein Schnellboot der Wasserpolizei hinzustößt, drehen die Drogenkuriere bei.

Diese Szene, im April von der griechischen Küstenwache aufgenommen, zeigt den Alltag an der Adria und im Ionischen Meer. 1,5 Tonnen Haschisch habe man an jenem Tag sicherstellen können, teilten die Behörden mit - ein schöner Erfolg, und doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wie viele Tonnen jährlich über das Mittelmeer nach Italien und weiter ins restliche Europa gelangen, vermag niemand zu sagen. In jedem Fall gilt Albanien als größter Cannabisproduzent Europas, und auch Griechenland spielt vorne mit.

Rückt die Polizei den Schmugglern zu dicht auf, werden die in Kunststoff verpackten Drogenpakete zum Zwecke der Beweisvernichtung einfach über Bord geworfen. Wer an den Stränden der griechischen Inseln Othoni, Kefalonia oder auch Zakynthos spazieren geht, kann durchaus fündig werden, denn dort schwemmt das Meer solche Pakete immer wieder an.

Abnehmer gibt es für die illegale Ware in ganz Europa, denn die Qualität albanischen und auch griechischen Marihuanas soll ausgezeichnet sein. Während illegale Cannabisanbauer in Deutschland auf eng besiedeltem Raum mit Gewächshäusern, Wärmelampen und horrenden Stromrechnungen hantieren, wächst Cannabis in manchen südeuropäischen Regionen fast wie von selbst - überall dort, wo es nicht zu trocken und dazu noch warm und sonnig ist.

Recht erfolgreich ist man beim Anbau zum Beispiel in der griechischen Region Kalamata auf der Halbinsel Peloponnes. Eigentlich ist Kalamata international für seine schwarz glänzenden Oliven und sein erstklassiges Olivenöl bekannt. Mittlerweile verdienen die Menschen vor Ort jedoch offenbar mehr mit dem illegalen Anbau von Cannabis.

Die Zahlen der griechischen Polizei, die von 2005 bis 2015 reichen, belegen einen Anstieg, der nicht zuletzt der griechischen Wirtschaftskrise geschuldet sein dürfte. Rund 55 000 Pflanzen vernichteten die Beamten im Jahr 2015 in ganz Griechenland - gut zwei Drittel mehr als im Durchschnitt der zehn erhobenen Jahre. Mit Macheten und Kettensägen muss die Drogenpolizei auf manchen Plantagen gegen die bis zu vier Meter hohen Gewächse vorgehen.

Wenn es ihr denn überhaupt gelingt, bis zu den Plantagen vorzudringen. So herrscht in der Provinz Mylopotamos auf Kreta eine Cannabismafia, die groß angelegte Razzien in unzugänglichen Bergregionen durchaus mal mit Sperrfeuer aus Maschinengewehren empfängt. Selbst schwer bewaffnete Spezialbeamte trauen sich kaum in diese Gegenden. 2007 waren bei einer Razzia drei Beamte durch Schüsse verletzt worden, einer davon lebensgefährlich. Mehr als 40 Personen wurden anschließend festgenommen und vor Gericht gestellt.

Während die griechische Polizei im Kampf gegen Anbau und Schmuggel von Cannabis dennoch zunehmend Erfolge erzielt, sieht es in Albanien weiterhin düster aus. Experten sprechen längst von der »Cannabisation« des Landes. Zwar verzeichnet die Polizei auch dort immer wieder Schläge gegen den Drogenmarkt - so sollen im vergangenen Jahr mehr als 2,3 Millionen Cannabispflanzen zerstört worden sein -, aber für die Menschen im ärmsten Land Europas geht es beim Anbau nicht etwa um den Rausch, sondern ums Geld und das nackte Überleben. dpa/nd

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