Neue Führung, alte Probleme

Arbeiterkommissionen in Spanien kämpfen um Glaubwürdigkeit

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Dienstag hat der neue Generalsekretär der spanischen Arbeiterkommissionen (CCOO), der Baske Unai Sordo, sein Führungsteam vorgestellt. Dieses war zuvor beim Kongress der CCOO, der größten Gewerkschaft Spaniens, gewählt worden. Sordos Vorgänger, Ignacio Fernández Toxo, der ab 2008 die CCOO geführt hatte, stand nicht mehr zur Wahl. Er hatte die einst von den Kommunisten kontrollierte Gewerkschaft auch in der Krise nicht auf einen kämpferischeren Kurs geführt, wie erwartet worden war.

Eine Erneuerung stand an, da die CCOO zuletzt für negative Schlagzeilen gesorgt und an Einfluss eingebüßt hatte. Sie hatte auch in der schweren Krise weiter auf einen Sozialpakt mit Unternehmen und der rechten Regierung unter Mariano Rajoy gesetzt. So trug die CCOO Maßnahmen mit, die an der Basis auf massive Ablehnung stießen, wie Lohnzurückhaltung und die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Hinzu kommen Korruptionsskandale, in die auch Führungsmitglieder der Gewerkschaft verstrickt sind. Deshalb stieß beim Kongress vielen Mitgliedern übel auf, dass in der neuen Führung nun auch Francisco Carbonero sitzt, der ebenfalls in einen Skandal verwickelt ist, in dem sich auch die beiden ehemaligen sozialistischen Präsidenten der andalusischen Regionalregierung vor Gericht verantworten müssen. Dabei geht es um den Missbrauch von Subventionen, die für die Fortbildung von Arbeitslosen gedacht waren und um Frühverrentungen. Davon profitierten Freunde und Familienmitglieder der Beschuldigten, die nie im betroffenen Betrieb gearbeitet hatten.

Bei den CCOO-Wahlen zeigte sich, dass viele eine Führung mit Carbonero ablehnen. Wurde Sordo mit mehr als 80 Prozent gewählt, bekam sein Führungsteam nur gut 60 Prozent. Dass Sordo, der bei Korruptionsfällen in der regierenden Volkspartei (PP) stets den Rücktritt Beschuldigter fordert, nun Carbonero sogar in die Führung gehoben hat, sorgt bei vielen für Zweifel. Positiv fällt auf, dass mit acht Frauen erstmals in der Geschichte der CCOO die Führung paritätisch besetzt ist. Das geht einher mit der Ankündigung Sordos, »besonders gegen die prekären Bedingungen von Frauen und jungen Menschen zu kämpfen«. Dies ist Teil seiner Strategie, Austritte zu kompensieren. Die Mitglieder seien zentral, so Sordo. Von der Stärkung der Basis hänge ab, welche Kraft man entfalten könne. »Wir wollen die Arbeitsmarktreformen schleifen«, gibt er als Ziel vor. Mit diesen »Reformen« wurden Rechte der Beschäftigten, Kündigungsschutz und Abfindungen zunächst von den Sozialisten und später von der PP massiv beschnitten und sind nun zum Teil nicht mehr existent. Seine Ziele umzusetzen, wird für Sordo schwer. Auch für den im vergangenen Jahr neu gewählten Generalsekretär der kleineren UGT, Josep Maria Àlvarez, ist die Lage schwierig. Er selbst hat kritisch angemerkt, dass die beiden Gewerkschaften - die in Aktionseinheit agieren - sich in eine schwierige Lage manövriert hätten. »Es ist schwer mit Unternehmern zu verhandeln, die längst alles haben«, so Àlvarez.

Dass Sordo den Sozialpakt aufkündigt und die CCOO verstärkt auf Kämpfe in den Betrieben und auf der Straße setzt, ist kaum zu erwarten. Als Chef der baskischen CCOO-Sektion hatte er die großen baskischen Gewerkschaften ELA und LAB stets für ihre Ablehnung des Sozialpakts angegriffen. Statt Kröten zu schlucken, setzen ELA und LAB auf Mobilisierungen - auch auf Generalstreiks, an denen sich CCOO und UGT nicht beteiligten.

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