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Erneute Proteste im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos

Immer wieder kommt es auf der griechischen Insel zu Auflehnungen gegen die Lebensbedingungen im Camp

  • Lesedauer: 3 Min.

Athen. Im Flüchtlingslager von Moria auf der Insel Lesbos ist es einem Medienbericht zufolge am Dienstag zu Aufruhr gekommen. Eine Gruppe von etwa 100 Asylsuchenden habe Zelte, Mülleimer und eine Containerwohnung angezündet und Steine auf Beamte der Polizei und der Feuerwehr geworfen. Das berichtete das lokale Nachrichtenportal Lesvosnews. Die Feuerwehr musste demnach zwei Löschflugzeuge einsetzen, um die Flammen in und um das Lager zu löschen. Die Menschen protestierten gegen ihre bevorstehende Abschiebung in die Türkei.

Im Lager von Moria und anderen Unterkünften der Insel Lesbos halten sich rund 4000 Menschen seit Monaten auf. Immer wieder kommt es zu Protesten. Am vorigen Montag haben Asylsuchende gegen die Bedingungen im Lager aufbegehrt und zwei Zelte angezündet. Dabei kam es ebenfalls zu Auseinandersetzungen mit Sicherheitsbeamten, die Tränengas einsetzten.

Die Diakonie Deutschland hat die Lage der Geflüchteten in Griechenland scharf kritisiert. Wie Unterstützer der Menschen in den sogenannten Hotspots auf den griechischen Inseln am Dienstag in Berlin berichteten, sind die Auffanglager überfüllt und genügen kaum menschenrechtlich gebotenen Mindeststandards. Ankommende Geflüchtete müssten in Zelten schlafen oder auf der Straße, die psychischen Belastungen seien enorm hoch und Kinder akut gefährdet, Opfer sexueller Gewalt zu werden.

Die Expertin für europäische Migrationspolitik der Diakonie, Katharina Stamm, warf der EU und auch Deutschland eine Mitverantwortung für die Zustände an den europäischen Außengrenzen vor. »Die abschreckenden Aufnahmebedingungen sollen davon abhalten, nach Europa zu kommen«, sagte Stamm. Staaten wie Griechenland und Italien würden mit der Aufnahme asylsuchender Menschen nach wie vor allein gelassen.

Mehr als 14.000 Asylsuchende sind auf Lesbos und anderen Insel nahe der türkischen Grenze gestrandet. Seit dem im März 2016 vereinbarten EU-Türkei-Abkommen müssen Geflüchtete, die nach Griechenland kommen, in einem von fünf sogenannten Hotspots verbleiben, die sich auf Inseln in der Ost-Ägäis befinden. Sie dürfen sie nicht auf das griechische Festland weiterreisen.

In den Hotspots wird entschieden, ob die Schutzsuchenden in die Türkei zurück abgeschoben werden. Die Diakonie Deutschland fordert eine Aufstockung etwa von medizinischen Hilfen für die Menschen vor Ort. Zudem dringen Helfer der Initiative darauf, das Konzept der Hotspots zu überdenken. Nach einer mehrtägigen Ruhepause hatten in den vergangenen 24 Stunden ungefähr 250 Asylsuchende aus der Türkei auf die Inseln der Ostägäis übergesetzt. In den vorhergehenden Monaten waren dort täglich im Durchschnitt etwa 60 Menschen angekommen.

Die Versorgung asylsuchender Menschen auf den griechischen Inseln und von unbegleiteten Kindern in ganz Griechenland soll Ende des Monats in die Hände der griechischen Regierung übergehen. Ein Zusammenschluss humanitärer Organisationen warnt davor, dass die griechische Regierung noch immer keinen Fahrplan für die Übergangsphase vorgelegt hat. Unter den Organisationen, die bisher wesentlich die Versorgung der Schutzsuchenden übernommen haben, wachsen deshalb die Bedenken, dass sich die Lebensbedingungen und der Zugang zu Grundleistungen für die Menschen verschlimmern könnten. Die Nichtregierungsorganisationen haben dort fast den größten Teil der Menschen versorgt, gefördert von der Europäischen Kommission. In zwei Wochen, am 31. Juli, läuft diese Finanzierung aus.

»Obwohl die Verantwortungsübergabe unmittelbar bevorsteht, gibt es noch immer kaum Angaben darüber, wie sie vonstatten gehen soll«, warnt Meike Riebau, Rechtsreferentin von Save the Children
Deutschland. »Gleichzeitig reduziert die Europäische Kommission bereits ihre Unterstützung für humanitäre Hilfe von Nicht-Regierungsorganisationen. Dadurch kann es zu erheblichen Versorgungsschwierigkeiten der Geflüchteten kommen. Es ist aber europarechtlich vorgegeben, dass Personen im Asylverfahren Zugang zu medizinischer Notfallversorgung haben müssen und Unterkünfte bereitgestellt werden müssen.« Agenturen/nd

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