Verwaltungsgerichte durch Klagen zu Asyl völlig überlastet

Mehr als 250.000 Verfahren unerledigt / Robert Seegmüller: Derartig hohe Zahl »auf Dauer nicht auszuhalten«

  • Lesedauer: 2 Min.

Hannover. Die Verwaltungsgerichte in Deutschland sehen sich durch die große Zahl von Asylklagen völlig überlastet. »Die Lage ist dramatisch, wir stoßen derzeit komplett an unsere Grenzen«, sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, dem »RedaktionsNetzwerk Deutschland« in Hannover. Vor deutschen Gerichten seien derzeit Verfahren von mehr als 250.000 Personen anhängig. »Eine derartige Zahl an Verfahren kann die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Dauer nicht aushalten.« Irgendwann breche alles zusammen.

»Das ist wie bei einem Motor, der im roten Bereich gefahren wird«, sagte Seegmüller: »Eine Zeit lang geht es gut, aber nicht dauerhaft.« Der Jurist erwartet für das gesamte Jahr 2017 eine Verdoppelung der Verfahren gegenüber dem Vorjahr. Doch es fehlten Richter und Personal, teilweise auch Räume und IT-Kapazitäten. »Die Justizverwaltungen sind zwar gewillt aufzustocken, aber sie finden das dringend benötigte Personal immer schwerer.«

Seegmüller hatte bereits im Frühjahr beklagt, dass die Gerichte mit Klagen gegen Asylentscheidungen des BAMF überschüttet werden. Das läge einerseits an der hohen Zahl der Entscheidungen - andererseits aber auch an der Qualität der Bescheide, kritisierte Seegmüller damals.

Die Zahl von 250.000 klagenden Asylbewerbern ergibt sich dem Redaktionsnetzwerk zufolge aus einem Abgleich der Statistiken des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge mit denen der EU-Behörde Eurostat. Die Brüsseler Statistiker rechnen Asylbewerber, die gegen ihren Bescheid klagen, zur Gesamtzahl der Asylsuchenden dazu, das Bundesamt klammert sie aus. Eurostat nennt für April 2017 rund 483.000 Asylbewerber, das Bundesamt 232.000. Die Differenz von rund 250.000 seien diejenigen, die gegen ihren Bescheid klagten. Agenturen/nd

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