Großzügige leben glücklicher

Eine Studie aus Zürich belegt, dass Freigiebigkeit Veränderungen im Hirn mit sich bringt, die das Glücksgefühl erhöhen

  • Elke Bunge
  • Lesedauer: 2 Min.

Großzügigkeit erscheint in einer Welt, die auf Konkurrenz und Gewinnsteigerung ausgerichtet ist, immer seltener zu werden. Anstatt zu geben, verwöhnen sich Menschen lieber selbst: Ein neues Kleid, eine teure Uhr oder eine schöne Urlaubsreise. Doch Forscher der Universität Zürich kommen jetzt in einer in der Fachzeitschrift »Nature Communications« (DOI: 10.1038/ncomms15964) veröffentlichten Studie zu dem Ergebnis, dass gerade ein ganz anderes Verhalten glücklicher macht.

Die Fachwelt hat schon lange ein eigenes Wort dafür gefunden: »warm glow«, das wohliges Gefühl, das entsteht, wenn man seinen Mitmenschen etwas gibt und sich um sie kümmert. Doch was passiert im Gehirn, wenn man sich großzügig zeigt? Philippe Tobler und Ernst Fehr vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Zürich haben in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität von Lübeck und der Northwestern University in Chicago die neuronale Ebene des Gebens untersucht. Die Ergebnisse bieten einige grundlegende Einsichten zur Verbindung von Altruismus und Glücklichsein.

Das internationale Forscherteam analysierte mit Hilfe der sogenannten funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) die Gehirnaktivität von 50 Probanden während mehrerer Experimente. Dabei erhielten die Versuchspersonen vier Wochen lang jede Woche eine kleine Geldsumme. Die eine Hälfte der Gruppe durfte das Geld für sich selbst ausgeben, die andere Hälfte sollte sich überlegen, wie sie das Geld für andere verwenden könnte. Die Probanden dieser Gruppe fühlten sich danach glücklicher und in den fMRT-Aufnahmen war zu erkennen, dass die Aktivität in einer Hirnregion zunahm, wo der sogenannte Temporallappen mit dem Scheitellappen verbunden ist. Gleichzeitig wurde jedoch auch die Wechselwirkung mit dem Zentrum für Glücksempfinden, dem sogenannten ventralen Striatum, aktiviert.

Das anschließende Wohlbefinden war jedoch nicht abhängig vom Ausmaß der Großzügigkeit. »Man braucht nicht gleich aufopfernd selbstlos zu werden, um sich glücklicher zu fühlen. Ein bisschen großzügiger zu werden, reicht bereits aus«, so Philippe Tobler, Neuroökonom an der Universität Zürich. Und es geht noch weiter: Bereits das Gelöbnis, sich großzügig zu erweisen, aktivierte den altruistischen Bereich im Gehirn und verstärkte die Interaktion zwischen diesem und dem Bereich, der für Glücksgefühle verantwortlich ist.

Zusammengenommen deuten die Ergebnisse dieser Studie auf eine mögliche Antwort auf die Frage hin: Warum großzügig sein, wenn es sinnvoller scheint, die Dinge für sich selbst zu behalten? Warum soll geben seliger sein als nehmen? Jetzt weiß man: Weil Abgeben das Gehirn auf eine Weise stimuliert, die glücklicher macht.

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