Transparency: Höhere Strafen für Konzern-Kriminalität

Kartellverdacht gegen deutsche Autokonzerne: Mutmaßliche illegale Absprachen lassen Börsenwerte über mehr als zehn Milliarden einbrechen

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Berlin. Transparency International fordert angesichts des Kartellverdachts gegen deutsche Autokonzerne höhere Strafen für illegale Firmenaktivitäten. »Bislang können Unternehmen zum Beispiel bei Rechtsverstößen lediglich nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz verurteilt werden«, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin des deutschen Ablegers der Nichtregierungsorganisation, Sylvia Schwab, der Deutschen Presse-Agentur. In solchen Fällen betrage die Höchststrafe zehn Millionen Euro. »Das ist eine Summe, die große Unternehmen erstmal nicht unbedingt abschrecken muss«, monierte Schwab. Die deutsche Politik sei gefragt, härtere Strafen und gesetzliche Mindeststandards einzuführen.

Schwab verwies in dem Interview auf die Pläne von Justizminister Heiko Maas (SPD) für ein neues Sammelklagerecht in Fällen mit vielen betroffenen Verbrauchern wie dem VW-Abgasskandal. Dieses bleibt wegen eines Streits in der schwarz-roten Regierungskoalition vorerst in der Schwebe. »Da stellt man sich schon die Frage, welche Interessen wurden hier gehört und wer hat eigentlich die Bundeskanzlerin und den Verkehrsminister hinsichtlich des Umgangs mit dem Abgasskandal beraten zu dem Zeitpunkt«, sagte Schwab.

Der »Spiegel« hatte über ein womöglich seit vielen Jahren bestehendes Kartell berichtet, in dem sich VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler über Technik, Kosten und Zulieferer verständigt haben sollen. Die angeblichen Absprachen machen sich auch an der Börse negativ bemerkbar. Die drei im Dax gelisteten Konzerne Volkswagen, BMW und Daimler haben von Freitag bis Montagabend an Börsenwert verloren, der Verlust betrage mehr als 10 Milliarden Euro, sagte Frank Schwope, Analyst bei der NordLB in Hannover, in einem Gespräch mit der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. »Die deutsche Automobilindustrie betreibt gerade beste Werbung für die Teslas dieser Welt«, sagte Schwope.

Nach Ansicht des Finanzexperten wird sich zudem der finanzielle Schaden für die fünf angeblich an dem Kartell beteiligten Firmen (Audi, BMW, Daimler, Porsche und Volkswagen) auf einen niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag summieren. Dieser setze sich aus eventuellen Strafzahlungen, Schadenersatzforderungen und einem noch nicht abzuschätzenden Imageschaden zusammen, der langfristig Auswirkungen auf die Verkäufe haben werde, so Schwope.

Nach Ansicht des Vorsitzenden des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert, bekommt der am 2. August geplante »Diesel-Gipfel« von Bund, Ländern und Autobranche nun »zusätzliche Brisanz«. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) könne das Thema nicht ausblenden, sagte der SPD-Politiker der »Mittelbayerischen Zeitung«. Bei dem »Diesel-Gipfel« will die Bundesregierung mit mehreren Ländern und Autobauern Schritte für einen geringeren Schadstoffausstoß festlegen. Dabei geht es auch darum, Modelle der Emissionsklassen Euro 5 und 6 mit neuer Software nachzurüsten.

Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, versprach eine schnelle Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen in Deutschland. »Die deutschen Hersteller werden am 2. August ein Angebot für eine breite Nachbesserung für Diesel-Pkw machen. Es wird eine Lösung geben, die effektiv und für den Kunden attraktiv ist«, sagte Wissmann dem »Handelsblatt«. Er fügte hinzu: »Mein Eindruck ist, die deutschen Hersteller werden die Kosten nicht an ihren Kunden hängen lassen.« Agenturen/nd

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