nd-aktuell.de / 25.07.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Unterschriften sammeln für die Bienen

Deutsche Umwelthilfe will Protestmailaktion an den künftigen Bundeslandwirtschaftsminister starten

Haidy Damm

Am Ende gab es Vollkornbrot, mit Pilzen belegt und garniert mit Kresse oder mit orange leuchtender Kürbispaste, verschönert mit lila Blütenblättern. Schön anzusehen, lecker – und doch als Warnung gemeint. Denn das anhaltende Bienensterben führt laut Sarah Wiener zu mehr Eintönigkeit beim Essen. Ohne die Bestäubungsleistung der Bienen würden viele Lebensmittel immer knapper und teurer, erklärte die Fernsehköchin am Dienstag in Berlin. Deshalb unterstütze sie eine von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) geplante Protestmailaktion.

Adressat ist die künftige Spitze des Landwirtschaftsministeriums, von dem sich die Umweltschützer »wirksame Maßnahmen für eine nachhaltige und bienenfreundliche Landwirtschaft« erhoffen. Gefordert wird eine Abkehr von der intensiven Landwirtschaft. Schuld am Bienensterben sei unter anderem die Überdüngung, der großflächige Einsatz von Pestiziden sowie der Anbau von Monokulturen. Diese reduzierten das Angebot an Blütenpflanzen drastisch und nähmen den Bienen Lebensraum und Nahrungsgrundlage, hieß es.

Wiener, die auch Imkerin ist, erklärte, »die intensive Landwirtschaft lässt immer weniger Raum für Wildbienen und andere Bestäuber«. In den vergangenen 25 Jahren sind den Angaben zufolge die Honigbienenvölker um mehr als ein Drittel geschrumpft. »Ein ›Weiter so wie bisher‹ ist also keine Option.« Für eine lebenswerte Zukunft und eine vielfältige Natur sei ein Umdenken in der Landwirtschaft nötig. Monokulturen führten auch bei Insekten zu einseitiger Mangelernährung, zudem schwächten Pestizide das Immunsystem der Bienen, so Wiener.

Bis zu 80 Prozent der Nutzpflanzen müssen den Angaben zufolge bestäubt werden. Der landwirtschaftliche Ertrag von heimischem Obst und vielen anderen Nutzpflanzen hänge von der Bestäubung ab. Schließlich lieferten bestäuberabhängige Obst- und Gemüsearten, Nüsse und Ölpflanzen Vitamine, Mineralien und essenzielle Fettsäuren. Dabei gehe es aber nicht nur um Nutzbienen, sagte Wiener. Von den rund 560 in Deutschland vorkommenden Wildbienenarten sind mehr als die Hälfte stark gefährdet.

Es sei zudem absurd, »dass mittlerweile die Bedingungen für Bienen in Städten und stadtnahen Gebieten besser sind als in der freien Landschaft«, erklärte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. »Die heutige Landwirtschaft mit ihrem hohen Düngereinsatz und der intensiven Nutzung zerstört zunehmend die Nahrungsgrundlagen für Wildbienen und andere Bestäuber.«

Hauptansatzpunkt sei für die DUH die bestehende EU-Düngemittelverordnung. Deutschland habe die Umsetzung der 2008 verabschiedeten EU-Verordnung immer wieder verschleppt und erst gehandelt, als Ende 2016 ein Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel drohte. Öffentlichen Druck in Richtung des amtierenden Landwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU) durch die Petition auszuüben, sei daher sinnlos. Auch die im April diesen Jahres im Bundesrat verabschiedete Düngeverordnung – von Schmidt als Kompromiss gefeiert – werde ihrem Anspruch nicht gerecht. »Die Bundesregierung muss dringend mit der Reduzierung der Nährstoffbelastung Ernst machen«, so Müller-Kraenner.

Nicht nur Umweltschützer, auch die kommunalen Wasserversorger haben die zu schwache Düngeverordnung immer wieder kritisiert, denn übermäßiges Düngen bedroht seit Jahren zunehmend die Ressourcen für die Trinkwasserversorger.

Zwar ist nach Kenntnis des Umweltbundesamts (UBA) gegenwärtig noch kein deutsches Wasserwerk genötigt, Grundwasser wegen seiner Nitratbelastung aufzuarbeiten. Stattdessen wird Wasser, das erhöhte Nitratwerten aufweist, verdünnt oder es werden tiefere Brunnen gegraben.

Zukünftig könnten aber hohe Kosten auf die Verbraucher zukommen: Die Autoren einer vom UBA in Auftrag gegebenen Studie rechnen bei chemischer Aufarbeitung mit bis zu 767 Millionen Euro im Jahr. Damit würden die Wasserpreise um 32 bis 45 Prozent steigen, denn nach der Wasserrahmenrichtlinie tragen diese Kosten nicht die Verursacher, sondern die Wasserkunden.