Frauen, Fusion und die Faust auf dem Tisch

Linkspartei-Politikerinnen bei »ND im Club«

Barbara Höll erinnert sich gern an die Zeiten, als es bei PDS-Parteitagen noch eine Kinderbetreuung gab. Nicht aus persönlichem Wehmut. Für die dreifache Mutter und Bundestagsabgeordnete ist es eine Frage der Vereinbarkeit von Familie und Politik. Und auch ein Zeichen dafür, dass es mit den Frauen und der Linken nicht so gut bestellt ist, wie ihr hoher Anteil in der PDS-Mitgliedschaft glauben lässt. Dass die neue Linke nur etwas für Männer ist, glaubt Höll aber so wenig wie ihre Parteifreundinnen Dagmar Enkelmann und Katja Kipping. Die Frage, der sich die drei am Mittwochabend in Berlin stellten, konnte ohnehin nur als rhetorische verstanden werden. Oder als Einladung, den Themen eine kleine Öffentlichkeit zu verschaffen, die sonst unter Hinweis auf die »wichtigen politischen Fragen« gern aus dem Rampenlicht geschoben werden. Und man erfährt: Für wichtige Fragen fühlen sich auch in der Linksfraktion gern wichtige Männer zuständig - und es liegt nicht allein an der ungleich zwischen den Geschlechtern verteilten Eitelkeit. Die Linke hat zwar eine Quote, sagt Enkelmann, aber davon erfährt der Fernsehzuschauer nichts. Die Fraktionschefs kennt jeder. Es wäre wohl ein einfach zu lösendes Problem, würde es sich auf die Bundestagsfraktion beschränken. Doch nicht erst seit das Zusammengehen mit der WASG ganz oben auf der Agenda der Linkspartei steht, sind alte Gewissheiten von dort verdrängt. Für eine Doppelspitze Gregor Gysi und Oskar Lafontaine kann Kipping ja noch Verständnis aufbringen, für den Abschied von der Quote etwa bei der Aufstellung von Landeslisten dagegen nicht: Es drohe, sagt die Parteivize, »eine Rolle rückwärts in Sachen Frauenthemen«. Den politisch unerfreulichen Purzelbaum schlagen indes nicht nur Männer aus der WASG, die als stark gewerkschaftlich geprägte Partei nicht zufällig eine Männerdomäne ist, wie Enkelmann weiß. Und es geht auch nicht nur um die Quote, die ein Hilfsmittel ist und nicht das Ziel frauenpolitischen Strebens. Es gibt die Neigung in der Linken, sagt Höll, erst einmal »die soziale Frage« klären zu wollen - und die Sache mit den Frauen, die ein Ölpipeline-Vertreter mit SPD-Parteibuch schon mal »Gedöns« nannte, erst irgendwann. Dabei ist die soziale Frage immer auch eine geschlechterpolitische, das werden die drei von der Linkspartei auch an diesem Abend nicht müde zu betonen: Vom Mindestlohn würden vor allem Frauen profitieren, weil die öfter schlecht bezahlt sind als Männer. Vom Niedergang des öffentlichen Nahverkehrs sind mehr Frauen als Männer betroffen, weil »der Vati« der mit dem Auto ist. Und weil Familienpolitik in erster Linie Sozialpolitik ist, ist die soziale auch hier eine Frauenfrage. Was tun, hätte an dieser Stelle ein prominenter Urahn der Linken (natürlich ein Mann) gefragt. Die Frauen haben längst ihre Antwort. »Wir müssen«, sagt Enkelmann, »öfter mal mit der Faust auf den Tisch hauen, um Frauenpolitik, eine Frauensicht und unsere Ansprüche in den eigenen Reihen deutlich zu machen.« Dafür wird es nicht reichen, sich alle paar Monate zu einem Plenum zu treffen. Enkelmann, Kipping und Höll wollen deshalb auch mehr als bisher über eine Frauenstruktur in der künftigen Linken sprechen. Dann wird die neue Partei vielleicht irgendwann auch wieder von ...

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