Niedersachsen vor Neuwahlen

Abgeordnetenwechsel zur CDU: Rot-Grün ohne Mehrheit im Landtag - SPD und CDU für raschen Urnengang

Als ob es für die SPD zurzeit nicht schon schlecht genug laufen würde: Abgeschlagen im Bundestagswahlkampf, geht den Sozialdemokraten nun auch noch gleich eine ganze Landesregierung flöten. Durch den am Freitag überraschend verkündeten Wechsel der grünen Landtagsabgeordneten Elke Twesten zur CDU verliert Rot-Grün die Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag und die beiden Noch-Regierungsparteien demnächst vielleicht noch viel mehr.

Denn schon kurz nachdem das Überlaufen verkündet war und rasche Neuwahlen gefordert wurden, erklärte auch SPD-Ministerpräsident Stephan Weil, dass er es für unabdingbar halte, dass sich der Landtag schnell selbst auflöse und die Niedersachsen möglichst bald an die Urnen gehen. Dies könnte schon im September der Fall sein - eventuell parallel zur Bundestagswahl.

Für die abtrünnige Twesten fand Weil deutliche Worte: »Wenn eine Abgeordnete des niedersächsischen Landtags aus ausschließlich eigennützigen Gründen die Fraktion wechselt und damit die von den Wählern gewollte Mehrheit verändert, halte ich das persönlich für unsäglich und ich halte das für sehr schädlich für die Demokratie.« SPD-Generalsekretär Hubertus Heil schrieb bei Twitter: »Stephan Weil hat recht. Das Volk muss in Niedersachsen entscheiden! Nicht CDU-Intriganten, die den Wählerwillen verfälschen wollen.«

Auch die Grünen zeigten sich am Freitag erbost über Twestens CDU-Manöver. »Was sie tut, ist eine Verfälschung des Wählerwillens und ein Verrat am rot-grünen Wahlsieg«, erklärte der Politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, gegenüber der »Berliner Zeitung«. Jürgen Trittin griff sowohl Twesten scharf an, und warf der Niedersachsen-CDU Stimmenkauf vor. »Elke Twesten hat mit den Stimmen der Bürgerinnen und Bürger für die Grünen Schindluder getrieben«, so der niedersächsische Bundestagsabgeordnete. Das sei »menschlich und politisch enttäuschend« und verfälsche den Wählerwillen. Die Union habe »mit dem Instrument des Stimmenkaufs dieses Verhalten gefördert, gestützt und begünstigt«, so Trittin. »Das hat zwar bei der Union Niedersachsen traurige Tradition - erinnert aber eher an brasilianische Verhältnisse.«

Twesten begründete ihre Entscheidung zum Partei- und Fraktionswechsel mit einem »längeren Entfremdungsprozess«, bei dem die Kandidatenaufstellung für die Landtagswahl in ihrem Wahlkreis den Ausschlag gegeben habe. Von der Wahlversammlung des dortigen Grünen-Kreisverbands war Twesten nicht nominiert worden.

So groß der Ärger bei Sozialdemokraten und Grünen ist, so groß ist die Schadenfreude beim politischen Gegner. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sieht den Abgeordnetenwechsel als Beweis einer grundsätzlichen rot-grünen Regierungsunfähigkeit: »Das zeigt einmal mehr: Rot-Grün kann einfach nicht verlässlich regieren«, sagte Tauber am Freitag den Zeitungen der Madsack Mediengruppe. Mit Agenturen Seiten 2 und 4

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