Italien: Ermittlungen gegen Flüchtlingsretter Zerai

Denunziert von Wachleuten mit Kontakt zu »Identitären«/ Behörden werfen dem Priester Beihilfe zur »illegale Einwanderung« vor

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

Im sizilianischen Trapani wird italienischen Medienberichten zufolge gegen den eritreischen Priester Don Mussie Zerai ermittelt. Der Mann, der seit Jahren in Italien lebt, wird beschuldigt, die »illegale Einwanderung« begünstigt zu haben. »Don Moses«, wie er von den Flüchtlingen genannt wird, war vor zwei Jahren Kandidat für den Friedensnobelpreis - eben weil er Migranten hilft. Die Staatsanwaltschaft bestätigte die Berichte am Donnerstag auf Anfrage zunächst nicht.

Wie schon beim Fall der deutschen NGO Jugend Rettet scheinen die Anschuldigungen gegen den katholischen Priester auch dieses Mal von zwei Wachleuten auszugehen, die auf einem Schiff der Hilfsorganisation Save the Children arbeiten. Die beiden, das haben die Ermittlungen bereits ergeben, haben wohl Kontakte zur rechtsextremen Identitären Bewegung. Diese haben es sich zur Aufgabe gemacht, Europa gegen die angebliche »Flüchtlingsinvasion« zu verteidigen. Sie sollen ausgesagt haben, dass Don Zerai gemeinsame Sache mit Schleuserbanden macht und mit ihnen in irgendwelchen »geheimen Internetchats« Informationen austauscht. »Alles Verleumdungen«, wies Mussie Zerai am Mittwoch die Vorwürfe zurück.

Der 1975 Geborene hat den Informationsdienst »Habeshia« für Flüchtlinge vor allem aus Eritrea gegründet. Seine Handynummer, so sagen viele Zeugen, kennen Tausende von Migranten, die vom Horn von Afrika aus den Weg nach Europa suchten.»Sie steht auf den Lastwagen, die die Wüste durchqueren, auf den Mauern der libyschen Gefängnisse, in den engen Zimmern, in denen die Flüchtlinge auf ihrem Weg zusammengepfercht schlafen«, schrieb am Donnerstag die italienische Zeitung »Il Manifesto«. »Bereits vor zwei Jahren«, so die Zeitung weiter, »konnte man davon ausgehen, dass mindestens 5000 Menschen im Mittelmeer gerettet wurden, weil sie kurz vor dem Ertrinken diese Nummer von Don Zerai gewählt haben.«

Der Geistliche erklärt, wie er vorgeht. »Wenn mich Migranten anrufen, die in Seenot geraten sind, lasse ich mir alle Informationen geben, die eventuell für ihre Rettung relevant sind.« Die Anrufe kommen immer von Booten, die schon ausgelaufen sind und die libyschen Küstengewässer verlassen haben. Er fragt nach der ungefähren Position des Schiffes, will wissen, wie viele Menschen an Bord sind, ob darunter schwangere Frauen, Kinder oder Verletzte sind. »Diese Infos gebe ich dann immer zuerst an die italienische Küstenwache weiter, so wie es die internationalen Protokolle vorsehen.« Danach werden auch Hilfsorganisationen benachrichtigt, die eventuell in der Nähe sind. »Mir geht es einzig und allein darum, Menschenleben zu retten«, unterstreicht »Don Moses«.

Mit seiner eindeutigen Haltung hat sich der mutige Priester natürlich nicht nur Freunde gemacht. Gegen ihn ist die Regierung von Eritrea, diese ihn dafür verantwortlich, dass viele jungen Menschen das Land verlassen. »Dies sind die Anschuldigungen einer Diktatur, die mein Land versklavt hat und die - das sagt auch die UNO - ein Terrorregime aufgebaut hat«, erwidert Zerai darauf.

Seine Feinde sind auch italienische und internationale neofaschistische Organisationen, die Mussie Zerai immer wieder angreifen. Er fordert, wie so viele Hilfsorganisationen, dass Europa endlich legale Flüchtlingswege schafft, damit nicht immer wieder Tausende von Hilfesuchenden gefoltert und vergewaltigt werden oder ertrinken.

»In diesem Sinne«, so Don Zerai in seiner Erklärung, »halte ich das, was jetzt über mich verbreitet wird, für diffamierend und habe meine Anwälte beauftragt, meine persönliche und priesterliche Ehre und die meiner Mitarbeiter wieder herzustellen«.

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