Noch kein Ende der verbalen Kraftmeierei

Nordkorea kündigt Plan für Raketenabschuss in Richtung Guam an / Berlin fordert von USA Mäßigung

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Tonlage zwischen den Führungen der Demokratischen Volksrepublik (Nord-)Korea (DVRK) und den Vereinigten Staaten von Amerika ist unverändert kriegerisch, hat sich aber am Donnerstag gegenüber den Vortagen nicht weiter verschärft. Pjöngjang präzisierte seine bereits am vergangenen Wochenende ausgesprochene Warnung, im Falle eines Angriffs Washingtons die den Amerikanern als Stützpunkt dienende Pazifikinsel Guam anzugreifen; nicht unmittelbar, sondern gewissermaßen mit einem Schuss vor den Bug.

Dazu äußerte sich der Befehlshaber des nordkoreanischen Raketenkommandos, Kim Rak Gyom. Die Volksarmee werde, so zitiert AFP den General, bis Mitte August einen detaillierten Plan für eine »deutliche Warnung an die USA« vorlegen. Konkret gehe es um vier Mittelstreckenraketen, die über Japan fliegen und nach genau 17 Minuten und 45 Sekunden Flugzeit 30 bis 40 Kilometer vor Guam im Meer aufschlagen sollen. Experten vermerken dazu, dass dies mithin außerhalb der US-Hoheitsgewässer um Guam sei und den USA somit keine juristische Rechtfertigung für einen Angriff auf das Territorium Nordkoreas böte.

Für nordkoreanische Verhältnisse äußerst ungewöhnlich, zitierte die Pjöngjanger Nachrichtenagentur KCNA den General außerdem noch mit spöttischen Worten über den USA-Präsidenten. Dieser, so General Kim über Donald Trump, rede »eine Menge Unsinn«. Gemeint war Trumps Drohung, Nordkorea mit »Feuer und Wut« zu überziehen. Mit einem Typen bar jeder Vernunft wie Trump, so der General, sei vernünftiger Dialog nicht möglich. Derlei unprotokollarischer Wortschatz war bislang in Nordkorea ausschließliches Privileg des Staatsführers. Kim Jong Un selbst hielt sich gestern bedeckt.

Dies zeugt einerseits von ungebrochenem Selbstbewusstsein der nordkoreanischen Führung, aber auch einer gewissen Berechenbarkeit und wird somit nicht als Verschärfung der Situation interpretiert, jedenfalls nicht vom im Kriegsfall mit Sicherheit betroffenen Nachbarn Republik (Süd)-Korea. Dort erklärte Yang Moo Jin von der Universität für Nordkorea-Studien in Seoul, man habe den Eindruck, Staatsführer Kim wolle zwar nicht klein beigeben, aber wohl Bedenken zerstreuen, dass sich Pjöngjang trotz aller Kraftmeierei nicht innerhalb der Grenzen des Völkerrechts zu bewegen gedenke.

Von den USA darf dies weiter eher erhofft, als mit Bestimmtheit angenommen werden. Nach den deeskalierenden Worten von Außenminister Rex Tillerson, dass die USA Nordkorea nicht als »unmittelbare Bedrohung« ansähen, stieß Verteidigungsminister James Mattis wieder ins kriegsrhetorische Horn. Laut AFP warnte er Pjöngjang vor »Aktivitäten, die zum Ende des Regimes und zur Vernichtung seines Volkes führen würden«.

International ist es einzig Japan, das den martialischen Worten von Trump und Mattis vorbehaltlos beipflichtet. China, Russland und Südkorea mahnen - unterschiedlich formuliert, dennoch unmissverständlich - zur verbalen Abrüstung und vor allem zur Wiederaufnahme von Verhandlungen.

Aus der Bundesregierung kamen parteiübergreifend erneut warnende Worte an die USA. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), bezeichnete die Drohungen von Trump in der »Neuen Osnabrücker Zeitung« als »nach innen gerichtetes Signal, das aber außenpolitisch weder besonders geschickt noch hilfreich« sei. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich forderte in der Düsseldorfer »Rheinischen Post« von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den NATO-Partnern eine Distanzierung von Trump, da wir »weder die Tonlage noch mögliche militärische Handlungen unterstützen«. Seite 7

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