nd-aktuell.de / 15.08.2017 / Kultur / Seite 14

Mittler zwischen Kunst, Publikum, Medien

Zu Besuch in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit/Marketing der Schaubühne

Volkmar Draeger

Ganz unsichtbar fürs Publikum sind sie nicht, die Mitarbeiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit/Marketing. Zumindest wer Premieren besucht, entdeckt in einer Ecke des Foyers den Stand mit der Aufschrift Presse. Dort erhalten Vertreter der Medien ihre Tickets, einmal, um die Kasse zu entlasten, zum anderen, um persönliche Kontakte zu jenen zu pflegen, die über das neue Stück berichten. «So vermitteln wir auch auf diesem Weg, was in unserem Haus alles passiert, erzählt Pressereferentin Johanna Lühr. Seit acht Jahren hat sie die Funktion an der Schaubühne am Lehniner Platz inne. In Florenz und Bonn hat die gebürtige Hamburgerin Germanistik und Romanistik studiert, in Berlin eine Journalistenschule besucht, ehe sie einige Jahre freie Journalistin für Tageszeitungen und den Rundfunk war. Daher kennt sie das Metier. Als Mutter von drei Kindern arbeitet sie gegenwärtig in Teilzeit und freut sich, dass das hier geht.

Mittler zu sein zwischen Kunst und Medien, darin sieht sie ihre Aufgabe. TV-Teams sind zu betreuen und Pressekonferenzen durchzuführen, Mitteilungen zu schreiben und Einladungen zu versenden. Gern vermittelt sie an Journalisten Geschichten aus dem Haus, die sie auch selbst gern geschrieben hätte. Oder sucht Journalisten mit aus, die auf Auslandstouren mitgenommen werden, um live von dort zu berichten. Etwa, wie begeistert in Korea vor ausverkauftem Saal »Hamlet« aufgenommen wird, obwohl er in deutscher Sprache läuft. Langfristig sind die Anfragen von dort zu koordinieren; Kisten mit Pressematerial begleiten den technischen Tross - eine logistische Meisterleistung, lobt sie das Team der Schaubühne.

Was Johanna Lühr gefällt, ist die Zusammenarbeit im Haus. Alle Gewerke, vom Tischler über den Schweißer bis zu Kostüm und Maske, finden sich unter demselben Dach, das Architekt Erich Mendelsohn entworfen hat, wenngleich damals, 1931, zunächst als Berlins größtes Kino. In ihrem kleinen Büro sucht sie aus der Textfassung des jeweiligen Stücks gezielt Zitate, die sich gut auf Werbeträgern machen, ob Streichholzschachteln, Postkarten, Stickern. Der Newsletter will gefüllt werden, Zuarbeit zum Programmheft sowie zum Monatsleporello ist in Absprache mit der Dramaturgie zu leisten. Immerhin präsentiert die Schaubühne ihrem Publikum pro Saison zehn Premieren, im Schnitt also monatlich eine. Zu bewerben sind auch die beiden politischen Gesprächsreihen, wobei die mit der Publizistin Carolin Emcke als Selbstläufer gilt.

Hier schaltet sich Johanna Lührs Chefin ergänzend ins Gespräch ein und erläutert ihren umfangreichen Aufgabenbereich. Antonia Ruder leitet die aus elf Mitarbeitern bestehende Abteilung erst in der zweiten Spielzeit. Kulturwissenschaften, auch Germanistik, zudem Kunstgeschichte hat sie in Bremen, Leipzig, Kopenhagen studiert, danach als Referentin für Kultur und Kunst in der Wirtschaft Erfahrungen gesammelt. Nun sitzt sie mit drei Kollegen, unter ihnen Johanna Lühr, in einem Raum voller Materialien. Auch sie sieht sich als Mittlerin zwischen Kunst und Publikum, wirke an der Schnittstelle nach außen und sehe sich als Teil eines Teams. Zu den Bereichen innerhalb ihrer Abteilung gehören außer der Presse, die für digitale Kommunikation, Grafik, Video und Theaterpädagogik. Wichtig sind strategische Gedanken, wie das Haus über eine nicht zu marktschreierische Außenwerbung und andere Kampagnen wahrgenommen werden soll. »Wir drucken ja keine Produktionsplakate, sondern werben nur in einer Broschüre und an exponierten Stellen der Stadt mit Fotos der Schauspieler«, sagt sie. »Dazu laden wir jede Saison einen namhaften Fotografen ein, die Akteure neu zu porträtieren.« So hat für 2017/18 der Italiener Paolo Pellegrin die Darsteller ins rechte Licht gerückt.

Antonia Ruder wartet gleich noch mit internen Zahlen auf, etwa einer respektablen Auslastung von 91,6 Prozent, und das trotz eingeschränktem Spielbetrieb: Wird eben Saal A saniert, trifft es nächste Saison Saal B. »Wir sind ein Privattheater«, erzählt sie, mit einem geringen Marktbudget; zu »drei Viertel sind wir subventioniert, das restliche Viertel muss in Eigenleistung erbracht werden, also durch Kartenverkauf. Ansonsten haften die Gesellschafter.« Dennoch, gesteht Antonia Ruder, war es für sie eine bewusste Entscheidung für das traditionsreiche Haus. Gerade wegen der Herausforderung inmitten einer theaterreichen Metropole. Neue Videoformate sind zu finden, Social-Media-Kanäle zu nutzen. Kreative Kommunikation wird wichtiger, die Zuschauer und der wachsende Freundeskreis wollen Infos über »ihren« Spielort. Spätestens hier verzahnt sich Ruders’ und Lührs Einsatz perfekt.