Hauptstadtflughafen als Hypothek

Früher bekannte sich Air Berlin zum Flughafenneubau in Schönefeld, davon rückte die Firma zuletzt ab

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Insolvenz der Fluggesellschaft Air Berlin trifft die Hauptstadt schwer. Seit Monaten ist der Niedergang der Fluglinie auch am künftigen Großflughafen BER zu besichtigen. An dieser Stelle parken nämlich einige Flugzeuge von Air Berlin in der Nähe der seit langem fertiggestellten Wartungshalle des Unternehmens. Nachdem die Fluggesellschaft immer mehr Linien einstellte, wurden die Maschinen nicht mehr benötigt.

Während sich heute der Niedergang zeigt, befindet sich am anderen Ende der Stadt der Ausgangspunkt des Erfolgs: Die Fluggesellschaft, in deren Namen Berlin stand, startete einst mit dem »Mallorca-Shuttle« von Berlin-Tegel aus durch. Am künftigen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld sollte sogar ein weiteres Drehkreuz des Unternehmens errichtet werden.

So groß war im Frühjahr 2012 die Vorfreude bei der Fluggesellschaft, dass sie extra ein Langstreckenflugzeug des Typs Airbus A330 in einem Design mit dem Slogan »BER Berlin Brandenburg Airport - Europe’s most modern airport« um die Welt schickte - also BER, Europas modernster Flughafen. »Wir freuen uns, schon jetzt den Namen unseres neuen Heimatflughafens in die Welt zu tragen, an dem wir auch in Zukunft weiter wachsen wollen, wo wir unseren Unternehmenssitz haben und mehr als 2800 Mitarbeiter beschäftigen«, erklärte der damalige Chef der der Airline, Hartmut Mehdorn. Der einstige BER-Chef Rainer Schwarz sprach mit Blick auf die Eröffnung des Flughafens und die Airline von einer vielversprechenden gemeinsamen Zukunft.

Nach der immer weiter verschobenen Eröffnung des BER, von dem bis heute nicht klar ist, wann er loslegen wird, war von der einstigen Euphorie nicht mehr viel zu spüren. Die Fluggesellschaft forderte nach den ersten Verzögerungen von der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg Schadensersatz, am Ende einigte man sich laut Medienberichten auf einen Vergleich. Trotz des finanziellen Trostpflasters begann das BER-Desaster, Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft immer stärker zu belasten. Jedes Jahr, in der der BER nicht in Betrieb ging, belastete das Unternehmen angeblich mit bis zu 20 Millionen Euro.

Air Berlin rückte auch deshalb zuletzt immer stärker vom BER-Projekt ab. Das zeigte sich auch in der Diskussion zum Volksentscheid zur Offenhaltung des Flughafens Tegels, der in Berlin parallel zur Bundestagswahl am 24. September abgestimmt wird. Vieles spricht derzeit dafür, dass die Menschen die Politik dazu auffordern könnten, Tegel für den Flugbetrieb offenzuhalten. Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann hatte für diesen Fall vor kurzem gegenüber der Wochenzeitung »Die Zeit« angekündigt: »Wenn Tegel offen bleibt, kann man aus dem BER ein Museum machen. Wir werden dann mit Air Berlin in Tegel bleiben.« Dem »Tagesspiegel« sagte Winkelmann zu Sommerbeginn kurz danach auch, dass er in Berlin kein Drehkreuz betreiben wolle, solange der BER nicht in Betrieb sei: »Der Flughafen Tegel ist, anders als unser ebenfalls großer Standort Düsseldorf, nicht für den Umsteigebetrieb ausgelegt.«

Welche Auswirkungen das Insolvenzverfahren für Berlin hat, bleibt abzuwarten. Die Flughafengesellschaft begrüßte am Dienstag, dass Air Berlin zunächst den Flugbetrieb aufrechterhalten wolle. »Wichtig ist in dieser Situation, dass die Fluggäste weiter verlässlich abgefertigt und befördert werden«, sagte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup. Die Airline mit ihren Partnern hat auf den Berliner Flughäfen einen Marktanteil von knapp 30 Prozent. Rund 2500 Jobs sind nun in der Hauptstadt von der Insolvenz betroffen.

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