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Ryanair beschwert sich über Insolvenz

Air Berlins begehrte Start- und Landezeiten sollen für die Rückzahlung von Krediten schnell verkauft werden

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Unternehmen Ryanair ärgert sich, dass es bei der Aufteilung von Air Berlin offenbar zunächst einmal nicht mitmachen darf. »Hierbei werden die Air-Berlin-Anteile unter Ausschluss der größten Wettbewerber zerstückelt und sowohl die Wettbewerbsregeln der EU als auch die Bestimmungen zu staatlichen Beihilfen ignoriert«, ätzte der irische Billigflieger am Dienstagabend, nachdem Deutschlands zweitgrößte Fluglinie Insolvenz angemeldet hatte. Denn die Nummer eins in hiesigen Lüften, die Lufthansa, steht schon bereit, Teile von Air Berlin zu übernehmen.

Sie unterstütze »gemeinsam mit der Bundesregierung die Restrukturierungsbemühungen der Fluggesellschaft«, teilte die Lufthansa am Dienstag mit. Man befinde sich bereits mit Air Berlin in Verhandlungen über den Erwerb von Teilen der Air Berlin Gruppe und biete damit auch die Möglichkeit zur Einstellung von Personal. Und man beabsichtige, »diese Verhandlungen zu einem schnellen und positiven Ergebnis zu führen«.

Zwar würde die Nummer eins vermutlich die Nummer zwei nicht gänzlich übernehmen dürfen. Dafür steht offenbar aber bereits eine weitere Airline in den Startlöchern, Teile des insolventen Konkurrenten zu übernehmen. Easyjet - neben Condor die Nummer vier in Deutschland - schweigt zwar noch zu den Gerüchten, doch in der Branche munkelt man, dass der britische Billigflieger am Kurzstrecken-Geschäft von Air Berlin interessiert ist. Kein Wunder also, dass die Nummer drei im Geschäft, Ryanair, sauer ist, weil das Unternehmen leer ausgehen könnte.

So haben die Iren beim deutschen Bundeskartellamt sowie bei der EU-Wettbewerbskommission Beschwerde eingelegt über den »offensichtlichen Komplott zwischen der deutschen Regierung, Lufthansa und Air Berlin«, wie sie es nennen. Besonders stört sich Ryanair am Übergangskredit in Höhe von 150 Millionen Euro, den die Bundesregierung der insolventen Airline gewährt hat, damit diese den Flugbetrieb vorerst aufrecht erhalten kann. Das Geld kommt von der staatlichen Förderbank KfW und ist durch eine Bürgschaft des Bundes abgesichert.

Es ist noch nicht ausgemacht, ob nur Brüssel oder auch das Bundeskartellamt zuständig für die Beschwerde ist. So liegt die Kompetenz über die Frage, ob der Übergangskredit eine unrechtsmäßige staatliche Beihilfe ist, bei der EU-Kommission. Jedoch ist die Frage, wer prüfen muss, ob durch die Aufteilung gegen Kartellrecht verstoßen wird, nicht so leicht zu beantworten.

»Den Wettbewerbsbehörden liegt eine Anmeldung zu einer Übernahme noch nicht vor«, sagte der Sprecher des Bundeskartellamtes, Kay Weidner, gegenüber dem »neuen deutschland«. Erst danach kann entschieden werden, ob die Fusion so groß ist, dass Brüssel sie prüft oder »nur« die Bundesbehörde. Es ist auch möglich, dass bei einer Zerschlagung ein Teil vom Kartellamt und ein anderer von der Kommission geprüft wird, je nachdem, welcher Konkurrent wie viel letztlich übernimmt.

Im Bundeswirtschaftsministerium weist man die Vorwürfe von Ryanair zurück. Sie seien eine »abwegige These«, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Durch den Überbrückungskredit habe man nun Zeit, über die Zukunft der Fluglinie zu sprechen. »Keine Airline wird Air Berlin komplett übernehmen dürfen. Damit bleibt der Wettbewerb gesichert«, so Machnig.

Auch die EU-Kommission zeigte sich wenig beeindruckt von der Beschwerde. »Die deutschen Behörden haben die Kommission frühzeitig informiert. Wir sind zuversichtlich, dass Lösungen im Rahmen des EU-Rechts gefunden werden können«, sagte eine Kommissionssprecherin am Mittwoch. Das Anliegen Ryanairs werde sorgfältig geprüft, habe aber keine aufschiebende Wirkung.

Neben Flugzeugen, die Lufthansa zum Teil bereits von Air Berlin gemietet hat, birgt der Pleiteflieger einen ganz besonderen Schatz: seine Slots. Dies sind die Zeitfenster, in denen die Maschinen der Airline auf Flughäfen starten und landen dürfen. Diese Slots werden zwischen den Flughäfen und den Fluggesellschaften ausgehandelt, sind zum Teil sehr begehrt und dementsprechend teuer.

Air Berlins Slots sollen nun verkauft werden, damit der Bund seine 150 Millionen Euro Übergangskredit zurück bekommt. Man gehe davon aus, dass die Verhandlungen zwischen Air Berlin und anderen Airlines etwa über Start- und Landerechte zügig abgeschlossen würden und das Darlehen zurückgezahlt werde, hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

Air Berlin haben seine begehrten Start- und Landezeiten letztlich jedoch nichts genützt. Schon lange strauchelte die Fluggesellschaft. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres machte sie einen Verlust von 293,3 Millionen Euro. Und das in einem Markt, der wächst. Um 3,4 Prozent auf 111 901 621 stieg vergangenes Jahr die Anzahl der Passagiere, die in den wichtigsten deutschen Flughäfen in einen Flieger stiegen. Air Berlins Konkurrenten konnten diese Entwicklung alle nutzen, um ihren Gewinn zu steigern.

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