nd-aktuell.de / 28.08.2017 / Kultur / Seite 4

Neubeginn

Personalie

Kurt Stenger

Die alte Taylor Swift kann gerade nicht ans Telefon, weil sie tot ist - mit sarkastischem Unterton entschuldigt sich die Sängerin in ihrem am Freitag veröffentlichten neuen Song »Look What You Made Me Do« für ihren Wandel. Es ist seit fast drei Jahren das erste musikalische Lebenszeichen der 27-Jährigen, die mit rund 200 Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten Popmusikern gehört. Das düstere Zeichentrickvideo erinnert stilistisch an das Kultposter des Hitchcock-Films »Vertigo« - auch musikalisch betritt sie mal wieder Neuland. Kurz zuvor hatte sie ihre Profile und Posts aus den sozialen Netzwerken gelöscht und ein unscharfes Kurzvideo einer Schlange eingestellt.

Erwartungen zu ignorieren, ist nicht neu für die Tochter eines Investmentbankers und einer Marketingangestellten aus Pennsylvania. Schon früh zog es sie in die Country-Hochburg Nashville in den Süden, wo sie als Liedermacherin mit 14 einen Plattenvertrag ergatterte. Bereits ihr erstes Album erreichte Platinstatus, die Sängerin und Gitarristin wurde in mit Musikpreisen überhäuft. Mit Country-Musik kann man in den USA absahnen, aber auch nur dort. Und so veröffentlichte sie 2014 zum Ärger mancher alter Fans ihr Popalbum »1989«, das ihr international den Durchbruch brachte.

Swift beherrscht die Selbstvermarktung, bleibt sich aber treu und scheut sich nicht anzuecken. Sie legte sich mit dem Streamingdienst des mächtigen Apple-Konzerns an und erreichte für Musiker bessere Tantiemen. Auch boykottierte sie Spotify aus Protest gegen werbefinanzierte Angebote. Bei der Tournee zum für November angekündigten Album »Reputation« will sie verhindern, dass Zwischenhändler die Tickets ergattern und auf dem Schwarzmarkt Mondpreise verlangen.

Als Musikerin wird sie teils belächelt, von Ex-Liebhabern wird sie angefeindet, von der Boulevardpresse im prüden Amerika schlecht behandelt. Einen TV-Reporter verklagte sie wegen Griffs an den Po auf einen symbolischen Dollar. In wütenden Songs wird all das verarbeitet. »Ich bin der Schauspieler, der in deinen schlimmen Träumen spielt«, singt Swift in ihrem neuen Stück.