Der hellste Laser der Welt

Hamburg weiht den neuen Röntgenlaser European XFEL ein. Von Thomas Morell

  • Lesedauer: 2 Min.

Er gilt als eines der größten wissenschaftlichen Bauvorhaben Europas: 1,5 Milliarden Euro wurden in den Röntgenlaser European XFEL investiert, der am Freitag am Hamburger Stadtrand von Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) eingeweiht wurde. Zu sehen ist von der Riesenanlage allerdings wenig, denn der Röntgenlaser verläuft über 3,4 Kilometer unterirdisch und verbindet Hamburg-Bahrenfeld, Sitz des Forschungszentrums Desy, mit dem schleswig-holsteinischen Schenefeld am Stadtrand. Fünf grüne Laser über Hamburg werben seit Anfang der Woche für das neue Forschungszentrum.

Die Wissenschaftler erhoffen sich von dem Riesengerät unter anderem, atomare Details von Viren und Zellen zu entschlüsseln. Der European XFEL soll dreidimensionale Bilder von Molekülen erzeugen und Filmsequenzen ermöglichen, wie sich Moleküle chemisch bilden.

Auf den ersten 1,7 Kilometern werden Elektronen in 38 Meter Tiefe derart stark beschleunigt, dass sie fast Lichtgeschwindigkeit erreichen. Dabei helfen sogenannte Resonatoren aus supraleitendem Material. Die werden auf minus 271 Grad abgekühlt, so dass sie keinen elektrischen Widerstand mehr haben.

Die beschleunigten Elektronen werden dann durch spezielle Magnetanordnungen abgelenkt. Dabei senden die einzelnen Elektronen Röntgenlicht aus. Das Besondere ist, dass dieses Röntgenlicht wie beim Laser einheitlich getaktet (kohärent) ist. Dadurch entstehen extrem kurze und intensive Röntgenblitze.

Zu den Superlativen von XFEL gehört, dass pro Sekunde 27 000 Röntgenlaserblitze erzeugt werden sollen. Das ist nach den Worten von XFEL-Direktor Robert Feidenhans’l notwendig, um ultraschnelle Vorgänge wie etwa eine Molekülbildung zu filmen. Mögliche Anwendungen seien die Entwicklung von Medikamenten und neuen Materialien. Noch im September sollen die ersten Experimente beginnen.

Zwei ähnliche Röntgenlaser gibt es noch in Kalifornien (LCLS) und in Japan (SACLA). XFEL kann nach eigenen Angaben aber weit mehr Lichtblitze pro Sekunde erzeugen. Außerdem ist die Ausbeute an verwertbaren Lichtblitzen höher.

Getragen wird der European XFEL von elf europäischen Ländern. Deutschland zahlt 58 Prozent der Kosten. Allen diplomatischen Krisen zum Trotz ist Russland mit 27 Prozent beteiligt. Andere Länder wie Frankreich, Dänemark, Italien, Polen und Spanien sind mit bis zu drei Prozent beteiligt. Träger ist eine gemeinnützige GmbH. Rund 300 Mitarbeiter sind hier beschäftigt.

Außer der Werbung im Vorfeld hat der XFEL wenig mit der Elbphilharmonie in der Hansestadt gemeinsam: Die auf sieben Jahre angesetzte Bauzeit wurde nur um ein Jahr überschritten. Die Kostensteigerung von rund 20 Prozent seit 2005 geht zum Gutteil auf das Konto der Inflation. Und mit einem Besucheransturm wird auch nicht gerechnet. epd

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