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Kataloniens Regierung macht ernst

Unabhängigkeitsgesetz wird verabschiedet - gegen alle Widerstände in Region und Zentralstaat

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Referendumsgesetz, das am Mittwochabend im katalanischen Parlament auf den Weg gebracht wurde, nahm 2012 seinen Ausgang. Im März jenes Jahres gründete sich die zivilgesellschaftliche Unabhängigkeitsbewegung Katalanische Nationalversammlung (ANC). Die ANC war es, die am 11. September 2012 eine der machtvollsten Demonstrationen in der katalanischen Geschichte organisierte: Über 1,5 Millionen Menschen forderten in Barcelona die Unabhängigkeit Kataloniens. Das Motto: Für »Katalonien, ein neuer Staat in Europa«.

Seit 1886 wird mit Ausnahme der Franco-Diktatur von 1939 bis 1975 und den ersten fünf Jahren danach jeweils am 11. September jenes Tages im Jahr 1714 gedacht, als Barcelona vor den Truppen des Bourbonenkönigs Philipp V. kapitulierte und anschließend seine Selbstverwaltung verlor.

Der 11. September 2017 wird aus Sicht der Unabhängigkeitsbefürworter der letzte sein, der noch unter spanischer Herrschaft begangen werden muss. Sie sind fest davon überzeugt, dass das für den 1. Oktober angesetzte Plebiszit stattfinden und das nach einem Sieg für das »Ja« zur Unabhängigkeit die von Premier Carles Puigdemont geführte Regierung des Bündnisses Junts pel Sí (»Gemeinsam für das Ja«) wie versprochen binnen 48 Stunden die Unabhängigkeit ausrufen wird.

Die Abgeordneten der separatistischen Parteien der Regionalregierung verabschiedeten am späten Mittwochabend in Barcelona trotz heftiger Proteste der katalanischen Opposition und der Zentralregierung in Madrid das sogenannte Referendumsgesetz. Dieses Gesetz - die rechtliche Grundlage für die Abstimmung - wurde mit 72 Ja-Stimmen von Junts pel Sí und der linksradikalen CUP bei elf Enthaltungen angenommen. Es gab keine Gegenstimme, weil die Abgeordneten der meisten Oppositionsparteien - die Konservativen, die Sozialisten und die Liberalen - die Abstimmung boykottierten und vor dem Votum den Saal verließen. Nach dem Abstimmungssieg standen die separatistischen Abgeordneten, die in Barcelona über eine Mehrheit der Sitze verfügen, alle auf und sangen die katalanische Nationalhymne.

Nachdem »La Diada« in den vergangenen Jahren häufig dezentral begangen wurde, 2013 beispielsweise mit einer Menschenkette quer durch Katalonien, gibt es 2017 wieder eine zentrale Demonstration in Barcelona. Der Zuspruch wird einiges darüber aussagen, wie der kompromisslose Kurs der Regierung Puigdemont bei denjenigen ankommt, die nicht zum harten Kern der Separatisten gehören, aber das Recht zu entscheiden hoch halten.

Spaniens Regierung unter Premier Mariano Rajoy will weiter das Referendum mit allen Mitteln verhindern. Welche das jenseits der juristischen sein werden, bleibt offen. Seite 7

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