Clever für »grüne« Gentechnik

Berlin-Brandenburgische Akademie mit Studie zu aktueller Entwicklungen

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Erst dieser Tage gab es wieder Streit über die Regulierung der Gentechnik auf dem Acker. Die Bundesregierung hatte Eckpunkte für die Novellierung des Gentechnikgesetzes vorgestellt und Gegner wie Befürworter gleichermaßen verärgert. Ein perfekter Zeitpunkt für die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, den Ergänzungsband ihres Gentechnologieberichts von 2005 zur »Grünen Gentechnologie« vorzustellen.

Nahm man 2006 die Nachrichten über Feldbefreier für bare Münze, so konnte man glauben, es drohe eine lawinenartige Ausbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland. Dem ist bislang keineswegs so. Sieht man von einer größeren Anzahl von Versuchsfeldern ab, wurde auf ganzen 950 Hektar gentechnisch veränderter Mais angebaut. Was für die Gentechnik-Gegner ein nicht wiedergutzumachender Schaden ist, stellt sich für die großen Saatgutunternehmen und manche Landwirte als bedrohliches Zurückbleiben gegenüber der globalen Konkurrenz dar. Von solchen Vereinfachungen blieb das 180-seitige Buch der Akademie erfreulicherweise weitgehend frei. So beklagte sich Mitautor Mathias Boysen nicht wie gewohnt über die mangelnde Akzeptanz als Ursache für den bislang geringen Erfolg der Agro-Gentechnik in Deutschland. Hauptgrund, so meinte er, seien die hohen Zusatzkosten für die Einhaltung der Koexistenzregeln - Sicherheitsabstände zu Feldern mit herkömmlichen Pflanzen, Haftungskosten, getrennte Ernte und Verarbeitung von gentechnisch verändertem und herkömmlich gezüchtetem Mais. Deshalb sei auch das Bundesland Brandenburg 2006 der wichtigste Standort für Mais mit gentechnisch eingebauter Insektenresistenz gewesen. Denn nur bei den dort üblichen Feldgrößen von mehr als 14 Hektar seien die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände realisierbar. Der federführende Autor des Bandes, der Pflanzengenetiker Bernd Müller-Röber von der Uni Potsdam, skizzierte einige der wissenschaftlichen Entwicklungen, wo sich der Unterschied zwischen herkömmlicher Pflanzenzucht und Gentechnik verwischt. So seien inzwischen bei einigen Nutzpflanzen bereits die genetischen Informationen so weit bekannt, dass man darangehe, die Gene für bestimmte Eigenschaften in anderen Sorten zu suchen und dann mit der herkömmlichen Kreuzungszüchtung die gewünschten Gene gezielt in die neue Pflanzensorte zu bringen. »Smart Breeding« (etwa Schlaue Züchtung) nennen das die Pflanzengenetiker. In diesem Falle dient die Gentechnik lediglich dem besseren Verständnis der Pflanze, nicht aber als Zuchtinstrument. Ein weiterer neuer Trend, so Müller-Röber, sei es, Gene aus resistenten Wildformen oder anderen Sorten gentechnisch in die Zielpflanze einzubauen. Anders als bei den bisherigen transgenen Pflanzen handle es sich dabei nicht um artfremde Gene aus anderen Pflanzenarten oder Mikroorganismen. Deswegen, glauben die Verfasser des Bandes, dürften derartige »cisgene« genehmigungstechnisch nicht wie transgene Organismen behandelt werden. So sei beim »International Rice Research Institute« (IRRI) auf den Philippinen bei einigen Reispflanzen ein Gen identifiziert worden, das sie gegenüber zu langer Überflutung resistent macht, eine Eigenschaft, die bei erfolgreichem Einbau in Sorten für Länder wie Bangladesh die dortige Nahrungsmittelversorgung sicherer machen würde. Eine Portion Lobbyismus fand sich dann doch in der verteilten Pressemitteillung: Dort wünscht man sich eine gesonderte Haftungsregelung für Auskreuzungen aus genehmigten Freisetzungsversuchen. Diese sollten nicht als kommerzielles Inverkehrbringen gewertet werden. Im Gespräch ergänzte Boysen dann noch, dass eine solche Genehmigung eine staatliche Haftung einschließe sollte. So würden Forschungshindernisse und...

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